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Krebsmittel gestohlen und manipuliert

In Österreich sind noch keine gefälschten Krebsmedikamente entdeckt worden. Das erklärte Dienstag Christoph Baumgärtl vom Österreichischen Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen. Der Rückruf von 20 Chargen des Brustkrebsmedikaments Herceptin und drei Chargen des Lungenkrebsmittels Alimta sei eine reine Vorsichtsmaßnahme. "Es gibt keine Berichte, dass Patienten in Österreich zu Schaden gekommen wären."

Die Vorgeschichte: In Italien sind Herceptin-Durchstechflaschen gestohlen worden. Die Flaschen wurden manipuliert (z. B. verdünnt, manche erhielten überhaupt keinen Wirkstoff mehr) und erneut in Verkehr gebracht. Gefälschte Fläschchen sind bisher in Deutschland, Finnland und Großbritannien aufgetaucht. Die Fälschungen sind aber der Eingangskontrolle der jeweiligen Krankenhäuser aufgefallen.

Umgepackt

Betroffen sind ausschließlich Parallelimporte: Parallelimporteure kaufen Arzneimittel in einem Land mit niedrigerem Preisniveau und verkaufen sie in einem Land mit höherem Preisniveau – zu einem etwas günstigeren Preis als direkt vom Hersteller bezogene Medikamente. Dabei muss aber dann das Produkt umetikettiert und umgepackt werden – also z. B. von einer italienischen auf eine österreichische Beschriftung bzw. Patienteninformation. Allerdings ist laut der österreichischen Ages-Medizinmarktaufsicht den Spitalsapotheken in Italien der Weiterverkauf von solchen Krebsmedikamenten an Parallelimporteure verboten. Der Grund: Manche Experten sehen darin ein erhöhtes Sicherheitsrisiko. Bundesamts-Experte Baumgärtl: "Ein derartiges Umpacken ist ein Routinevorgang. Ich würde diese kriminellen Machenschaften nicht zum Anlass nehmen, Parallelimporte generell zu hinterfragen."

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Der österreichische Jahresbedarf an Herceptin beträgt laut Bundesamt rund 35.000 Fläschchen. "Nur fünf Prozent davon sind über Parallelimporte eingeführt", betont Baumgärtl. Deshalb sei durch den Chargenrückruf auch nicht mit Engpässen in der Versorgung zu rechnen. Bei Herceptin-Hersteller Roche betont man, das direkt von Roche Austria an die Krankenhäuser gelieferte Ware "in keiner Weise von dem Fälschungsverdacht" betroffen ist.

EU-weit werden jetzt stichprobenartig die zurückgezogenen Chargen überprüft, so Baumgärtl. "Und jedes Spital muss jetzt ganz genau kontrollieren, ob möglicherweise ein Teil seiner Medikamente aus den betroffenen Chargen stammt", so Univ.-Prof. Hellmut Samonigg, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie. "Es muss 100-prozentig gewährleistet sein, dass unsere Patienten nur sichere Originalpräparate erhalten." Spätestens 2018 sollten derartige Fälschungen nicht mehr möglich sein: Bis dahin muss die EU-Fälschungsrichtlinie umgesetzt sein: Ein Code auf jeder Packung soll dann garantieren, dass die Herkunft ganz genau nachvollzogen werden kann.