Körper und Seele neu aufbauen
Von Ingrid Teufl
Der Therapieplan für eine Woche umfasst bei Walter Horn zwei A4-Seiten: Physio- und Ergotherapie, Heilgymnastik, Ernährungskurs, psychologische Beratung, Entspannungstechniken.
Im Herbst 2010 wankte die Welt des umtriebigen Pensionisten, der in Kärnten einen Kulturverein leitet: Diagnose Dickdarmkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Inklusive Metastasen. "Es hat nicht gut ausgeschaut. Gerettet haben mich die Chirurgen und Onkologen." Der Operation folgte ein halbes Jahr Chemotherapie. Heute sind in seinem Körper keine Krebszellen mehr nachweisbar. Spuren hat der Tumor dennoch hinterlassen.
Psychisch ließ sich Horn zwar "nicht ins Boxhorn jagen". Aber durch die Chemo litt er an Nervenschädigungen in den Gliedmaßen (Polyneuropathie, Anm.) . "Ich hatte kein Gefühl mehr in Armen und Beinen und habe mich aus Angst vor Stürzen immer weniger bewegt."
Sein Arzt machte ihn auf die Möglichkeit der onkologischen Rehabilitation im Humanomed Zentrum Althofen in Kärnten aufmerksam. "Ich war skeptisch, wurde aber eines Besseren belehrt. Hier wird nicht nur Augenmerk auf die Reha gelegt, sondern auch, wie zukünftige Erkrankungen verhindert werden können. Man erhält konkrete Anleitungen für den Alltag."
Den Patienten auf allen Ebenen das nötige Rüstzeug für die Zeit nach der akuten Krebs-Therapie mitzugeben, steht im Zentrum. "Wir wollen kein Krankheits-
sondern ein Lebensgefühl vermitteln", sagt Prim. Dietmar Geissler, der das Konzept mitentwickelt hat. "Trotz einer Heilung im medizinischen Sinn - es sind keine Krebszellen mehr nachweisbar - ist bei vielen Patienten das Vertrauen in die eigene Existenz tief erschüttert. In diesem Zustand werden sie in ihren Alltag entlassen."
Lebensstil
Die dreiwöchige Therapie setzt vor allem auf Lebensstiländerung. "Es gibt eindeutige Daten, dass durch eine entsprechende Veränderung - etwa Reduktion des Fettgewebes - ein Wiederauftreten des Krebs reduziert werden kann." Untermauert wird das durch den aktuellen Macmillan-Cancer-Report: Nur zweieinhalb Stunden Bewegung pro Woche können helfen, die Krankheit zu besiegen und etwaige Therapie-Nebenwirkungen zu minimieren. Bewegung ist also ein wichtiges Therapie-Element. "Viele Patienten haben mit Muskelabbau oder eingeschränkter Mobilität zu kämpfen", betont Geissler. Abfinden muss man sich damit nicht: "Heute war ich schon Nordic Walking", erzählt Walter Horn. "Vor zwei Wochen hätte ich das nicht einmal zu hoffen gewagt."
Der Bedarf an Therapiebetten steigt
Einrichtung
Im Kur- und Reha-Zentrum Althofen (ca. 600 Betten, Schwerpunkt Bewegungsapparat) in Kärnten sind 40 Betten für onkologische Rehabilitation reserviert. Im Rahmen eines Pilotprojekts übernimmt die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) für drei Jahre die Finanzierung.
Aufnahme
In Frage kommen Patienten, deren primäre Krebstherapie abgeschlossen ist, die aber an den Folgenleiden. Der behandelnde Arzt muss (ähnlich einer Kur) den Antrag bei der PVA stellen.
Bedarf
In Österreich gibt es ca. 240 onkologische Rehab-Betten, Bedarf steigend. Meist sind diese jedoch auf andere Rehab-Abteilungen verteilt.