Wirkt Homöopathie? Fragen und Antworten
In einer jüngst veröffentlichten Studie (hier zum Nachlesen) wird einmal mehr die Wirksamkeit von Homöopathie in Frage gestellt. Das National Health and Medical Research Council (NHMRC), das höchste Gremium für medizinische Forschung in Australien, fand in seinen Untersuchungen keine Evidenz, dass homoöpathische Behandlungen effektiv seien. Der Beliebtheit der "potenzierten" Substanzen tut dies keinen Abbruch.
Wir wollten daher wissen: Welche Erfahrungen – positive wie negative – haben KURIER-Leser mit Homöopathie? Internist und Homöopath Univ.-Prof. Michael Frass stellte sich im KURIER-Live-Forum den Fragen unserer Leser. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten für Sie zusammengefasst. (Fragen in Groß-/Klein- sowie Rechtschreibung unverändert)
Prof. Dr. Michael Frass: Bei Haustieren wird auch ein Placebo-Effekt angenommen, nicht jedoch bei landwirtschaftlichen Nutztieren. Die oft angenommene Placebo-Wirkung beruht wohl auf einer Wechselwirkung zwischen Arzt und Patient respektive in diesem Fall Haustier und Haustierbesitzer. Dieser Effekt kann weder in der konventionellen noch in der homöopathischen Medizin vollends ausgeschlossen werden.
Leser Julian Auer: Anstatt den Menschen physisch wirkungslose Zuckerkugerl zu verkaufen, wäre es nicht sinnvoller und ethnisch vertretbarer das Bewusstsein der Menschen für die körpereigenen Selbstheilungskräfte zu stärken? Das würde die Krankenkassen entlasten und Geldbörsen der Leute entlasten.
Prof. Dr. Michael Frass: Tatsächlich sind die homöopathischen Globuli nicht nur wirksam, wie in den unten beschriebenen Meta-Analysen gezeigt, sondern auch äußerst kostengünstig. Ein Fläschchen kostet etwa 10 Euro, und tatsächlich regen diese Kügelchen zur Selbstheilung an. Daneben sind natürlich diätetische Maßnahmen von zusätzlicher Bedeutung.
Leser Herr Peinbauer: Warum hat die Homöopathie in der Schweiz und in Deutschland bereits Eingang gefunden in das öffentliche Gesundheitssystem? Welche Vorteil brächte es, wenn die homöopathische Behandlung bei Ärztinnen mit Zusatzausbildung in Homöopathie auch in Österreich von den Krankenkassen refundiert würde?
Prof. Dr. Michael Frass: In der Schweiz hat die Bevölkerung in einer Abstimmung für die Kassenleistung von fünf verschiedenen komplementärmedizinischen Methoden, darunter Homöopathie, votiert. In Deutschland haben die Krankenkassen den Kostensparenden Effekt der Homöopathie erkannt und entsprechend umgesetzt. Zufriedene Patienten ohne Nebenwirkung sind die beste Garantie, dass Homöopathie auch in Zukunft von der Bevölkerung in hohem Maße wahrgenommen wird. Aus sozialen Gründe wäre es schön, wenn klassische Homöopathie auch in Österreich von den Krankenkassen unterstützt würde. Der Vorteil besteht darin, dass neben den körperlichen Symptomen auch oft Gemütssymptome deutlich gebessert werden.
Leser Bernhard Zauner: Immer wieder werden die Studien zur Homöopathie "zerlegt"; gleichzeitig ist bekannt, dass auch viele Studien zur Schulmedizin kritisch zu betrachten sind. Wie kann das erklärt werden? Beobachtet man die Äußerungen der Kritiker an der Homöopathie, wie z. B. die GWUP, so fällt auf, dass es sich bei den führenden Vertretern nicht um Mediziner handelt; wie weit ist es zulässig, dass diese über die Homöopathie urteilen?
Prof. Dr. Michael Frass: Es ist richtig, Studien sind eben nun einmal nur Studien und können Hinweise zur medizinischen Behandlung geben. Schon der Erfinder der Evidence Based Medicine hat auf die Zusammenschau von Studien und klinischer Erfahrungen hingewiesen. Ich bin überzeugt, dass eine Wiederholung konventioneller Studien nach einem bestimmten Zeitfenster zu anderen Ergebnissen führen könnte. Hier könnten andere Begleitmaßnahmen, andere medizinische Interventionen und Lebensgewohnheiten sowie ethnische Zugehörigkeiten die Ergebnisse derselben Studien gänzlich unterschiedlich darstellen. Dass die Homöopathie sehr oft von Nicht-Medizinern aufs Heftigste kritisiert wird, ist wohl deswegen der Fall, da in der Praxis stehende Mediziner sehr wohl um die Vorteile der Homöopathie wissen, denn es gibt einfach so viele Beschwerdebilder für die es in der konventionellen Medizin keinerlei Behandlungsmöglichkeiten gibt.
Allgemeine Frage: Im Zuge von hitzigen Diskussionen in den sozialen Medien wurde kritisiert, dass die Wirksamkeit "von aus reinem Zuckerwasser" bestehenden "Arzneien" überhaupt diskutiert wird. Das sei ein Widerspruch in sich. Was antworten Sie diesen Postern?
Prof. Dr. Michael Frass: Zum Verstehen, weshalb die Wirkung der Homöopathie noch nicht geklärt ist, empfehle ich die Lektüre von Simon Singh "Fermats letzter Satz". Für eine so einfache Gleichung mit vier Variablen hat es drei Jahrhunderte gebraucht, um die Lösung zu finden. Die Homöopathie arbeitet jedoch mit hunderten von Variablen, deshalb wird hier die Erklärung der Wirkung eben noch länger dauern.
Die Wirksamkeit in Tiefpotenzen auch den Kritikern leicht verständlich, für die Hochpotenzen ist eine Erklärung derzeit noch nicht möglich. Ein klärendes Wort über die Höhe der Dosierung: Es gibt sogenannte Tief- und Hochpotenzen. Wenn jemand die Wirksamkeit der Hochpotenzen bezweifelt, ist die einfache Antwort, dann soll man eben nur Tiefpotenzen verwenden. Damit ist die Pseudo-Streiterei sofort vom Tisch. Wenn man aber die Wirksamkeit von Hochpotenzen als Patient oder Arzt erlebt hat, ist es klar, dass auch Hochpotenzen zum Wohle der Patienten eingesetzt werden. Selbstverständlich sind mündige Patienten des 21. Jahrhunderts im Stande die Veränderung von Symptomen und Beschwerdebildern zu beurteilen.
Leserin Ute Parsch: eine Frage noch zu den Widersprüchen zum gesicherten Wissen der Naturwissenschaften: Ihnen ist bewusst, dass die Annahme, Stoffe könnten in völliger Abwesenheit gezielt wirken, mit unserem naturwissenschaftlichen Wissen nicht __mehr__ in Einklang zu bringen ist? Sie erinnern sich an Ihre Vorlesungen im Physikum? Atome sind ununterscheidbar? Boltzmann Interpretation der Entropie, die das bestätigt?
Prof. Dr. Michael Frass: Sehr geehrte Frau Parsch, es ist tatsächlich nicht leicht, die Wirkung von Hochpotenzen zu verstehen. Deshalb rate ich naturwissenschaftlich geprägten Menschen lediglich Tiefpotenzen zu verwenden. Damit ist für diese Menschen das Problem vom Tisch. Der Wirksamkeitsnachweis von Hochpotenzen ist Gegenstand von Untersuchungen, Sie wissen, dass Untersuchungen in der Physik große Summen verschlingen, die den Homöopathen nicht zur Verfügung stehen. Daher bitte ich Sie unsere Bemühungen, zur gemeinschaftlichen Lösung dieser interessanten Frage finanziell zu unterstützen. Die von Ihnen erwähnte Abwesenheit von Molekülen bedeutet nicht, dass keine Information im Lösungsmittel enthalten ist. Lassen wir uns gemeinsam an dem großen Ziel die Wirkung der Homöopathie zu erforschen, auf sachlicher Basis arbeiten.
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