Herzerkrankungen: Frauen sind stärker betroffen
"Viele Frauen haben oft eine große Furcht, an einer Krebserkrankung zu sterben. Tatsächlich sterben sie aber häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen." Das sagt Univ.-Prof. Wolfgang-Michael Franz, Direktor der Uni-Klinik für Innere Medizin III – Kardiologie und Angiologie der MedUni Innsbruck. Unterschiede zwischen Mann und Frau in der Herzgesundheit waren ein zentrales Thema eines Kardiologen-Kongresses in Innsbruck.
Die häufigeren Herz-Kreislauf-Todesfälle bei Frauen lassen sich aber nicht nur mit ihrem höheren Lebensalter erklären. "Viele Frauen werden regelmäßig gynäkologisch untersucht – aber an das Herz wird in der Prävention zu wenig gedacht."
Das hat schwerwiegende Folgen: "Wenn Frauen Vorhofflimmern haben – die häufigste Herzrhythmusstörung – sind sie doppelt so häufig von Schlaganfällen betroffen wie Männer", so Franz.
Gleichzeitig erhalten aber Frauen seltener als Männer eine ausreichende Therapie (blutverdünnende Medikamente) gegen dieses erhöhte Schlaganfallrisiko, so die Wiener Kardiologin Univ.-Doz. Andrea Podczeck-Schweighofer: "Besonders ältere Frauen sind bei Vorhofflimmern oft untertherapiert und werden zu wenig nach den Richtlinien behandelt."
Mehr statt weniger
Ein möglicher Grund: Angst vieler Ärzte vor Komplikationen der Therapie. Denn blutverdünnende Medikamente erhöhen das Risiko u. a. für eine Hirnblutung – etwa bei einem Sturz.
"Aber bei neuen Medikamenten ist das Risiko schwerer Hirnblutungen deutlich geringer", betont Franz. "Richtig wäre, hier mehr blutverdünnende Medikamente einzusetzen", so auch Podczeck-Schweighofer.
Bewusstseinsmängel gibt es auch beim Herzinfarkt, der in der Öffentlichkeit oft immer noch als reine "Männerkrankheit" gesehen wird – doch in der Häufigkeit gibt es keine großen Unterschiede (siehe Grafik). Selbst beim Auftreten von Symptomen wird bei Frauen häufig nicht an das Herz gedacht: "Sie kommen oft gar nicht auf die Idee, dass ihnen ein Infarkt drohen könnte", so Vera Regitz-Zagrosek vom Institut für Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité Berlin. Weil die Schmerzsymptome im Bereich von Bauch, Schulter und Rücken oft auch nicht so klar wie bei Männern sind, vergeht überdies auch viel mehr Zeit bis zum ersten Kontakt mit einem Arzt: "Häufig bleiben Herzinfarkte bei Frauen vorerst unentdeckt, weil weder Frauen noch die behandelnden Ärzte nach der Symptombeschreibung mit einem Infarkt rechnen."
Auch Bauch- und Leberfett werden als Risikofaktor bei Frauen – im Gegensatz zur Behandlung von Männern mit Übergewicht – noch unterschätzt, so die Gendermedizinerin und Stoffwechselexpertin Univ.-Prof. Alexandra Kautzky-Willer von der MedUni Wien.
Dabei habe der Bauchumfang bei Frauen sogar eine bessere Vorhersagekraft für Komplikationen wie Diabetes als bei Männern. Deshalb sei es auch wichtig, bereits sehr früh bei übergewichtigen Frauen, insbesondere vor oder während einer Schwangerschaft, einen Zuckerbelastungstest durchzuführen, um das Diabetes-Risiko abzuklären.
Stressbedingte Ess-Attacken
Schlafmangel, Stress und Schichtdienst erhöhen bei Frauen das Risiko für Übergewicht besonders, so Kautzky-Willer: „Chronischer Stress verursacht komplexe Veränderungen des Hormonhaushalts und gerade bei Frauen oft stressbedingte Heißhunger- und Ess-Attacken, die schließlich Übergewicht zur Folgen haben.“ Übergewichtige Frauen leiden außerdem häufiger unter Angststörungen und depressiver Verstimmung und haben zudem oft mit Folgeerkrankungen wie Diabetes zu kämpfen, die dann die Lebensqualität weiter verschlechtern. Diese Negativspirale muss man durchbrechen.“ Denn auch das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall ist besonders bei Frauen stark mit Übergewicht und Depressionen verknüpft. In der Vorbeugung seien Programme, wo übergewichtige Frauen in homogen Gruppen unter sich sind, besonders erfolgreich.