Wissen/Gesundheit

Schlamperei bei Zulassungsstudie für Impfung: Was Experten sagen

Im British Medical Journal wird erstmals berichtet, dass es bei der US-Zulassungsstudie für die Covid-Impfung von Pfizer namens Cormirnaty Unregelmäßigkeiten gab. Die Whistleblowerin Brook Jackson wird zitiert, die bei Phase-III der Zulassungsstudie für Cormirnaty als Auditorin beteiligt war. Als Auditorin kontrolliert sie, ob alle Regularien eingehalten werden.

Dem sei nicht immer so gewesen, so Jackson. Zwei Wochen hat sie nur bei der Firma Ventavia gearbeitet, die für die Studie zuständig war, bevor sie gefeuert wurde, weil sie auf Verfehlungen in einem anderen Studienzentrum des Unternehmens hingewiesen hat. Danach hatte sie sich direkt an die Aufsichtsbehörde FDA gewandt.

So wie Jackson berichten auch andere Mitarbeiter von chaotischen Zugängen bei der Untersuchung. Zur Info: Mehr als 100 Einrichtungen gibt es von verschiedensten Anbietern, die bei Zuslassungstudien eingebunden sind.

Die Mängel

Was sie bei den Untersuchungen von Ventavia bemängelt: Es wurde nicht von Abweichungen vom Studienprotokoll  berichtet. Teilnehmer, die über Nebenwirkungen der Impfung klagten, sind nicht zeitnah kontaktiert worden. Die Impfungen wurden nicht bei der richtigen Temperatur gelagert. Laborproben hatten falsche Etiketten. Probanden sind nach der Imfpung am Gang hingesetzt worden ohne medizinische Aufsicht.

Bei der Kritik geht es weniger um die Frage wie sicher die Impfung ist: Real World Daten bestätigen eindeutig die Effektivität und Sicherheit der Impfung. Durch Nachrichten über derlei Unregelmäßgikeiten bei Zulassungen wird jedoch das Vertrauen in die Vakzine alles andere als gestärkt.

 Biontech/Pfizer will Fall untersuchen

Biontech will dem Bericht aus den USA nachgehen. "Die sorgfältige Umsetzung und Datenerhebung in klinischen Studien hat für Biontech höchste Priorität", sagte am Donnerstag eine Sprecherin des deutschen Unternehmens der dpa. "Wir nehmen Aussagen, wie die im Artikel gemachten, ernst und prüfen sie umgehend nach der Kenntnisnahme", hieß es.

Was Experten sagen

Deutsche Experten äußerten sich bereits zu dem Bericht im British Medical Journal:

So wie Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin, Eberhard Karls Universität Tübingen:
 
„Das, was die Whistleblowerin aufgedeckt hat, ist ohne Frage unschön, wenngleich ich betonen möchte, dass dies meines Erachtens nicht ausreicht, um an der Qualität der klinischen Studie von Biontech/Pfizer zu zweifeln. Das ist mir einfach zu wenig. Die Impfdaten wurden schon in zahlreichen Studien bestätigt. Von daher sehe ich keinen Grund, sie deswegen jetzt infrage zu stellen.“
 
Und weiter: „Bei klinischen Studien gibt es zwei wichtige Einheiten: die Studienleitung und den klinischen Sponsor. Letzterer ist hier Pfizer. Der klinische Sponsor ist unter anderem für die Qualitätssicherung der Daten verantwortlich. Kleinere Pharmafirmen, aber zunehmend auch größere, lagern bestimmte Aufgabenbereiche mittlerweile häufig an Subunternehmen aus, die für sie zum Beispiel bestimmte Aufgaben übernehmen. So hat es auch Pfizer gemacht, obwohl das Unternehmen definitiv in der Lage gewesen wäre, alle Aufgaben eines klinischen Sponsors selbst zu übernehmen. Im Pandemiefall muss natürlich alles schnell gehen. Die Gefahr, dass ein Subunternehmen dann womöglich nicht den Qualitätsstandards des großen klinischen Sponsors entspricht, kann in solch einem Fall steigen. Mir als Studienarzt ist es immer lieber, direkt mit dem klinischen Sponsor zu kommunizieren. Die Einbeziehung von Subunternehmen macht viele Bereiche einer klinischen Studie komplizierter und mitunter auch schlechter.“
 
 
Oliver A. Cornely, Oberarzt, Klinik I für Innere Medizin, Schwerpunkt: Klinische Infektiologie, invasive Pilzerkrankungen, Uniklinik Köln, und wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Klinische Studien Köln:
 
Auf die Frage, wie relevant die beschriebenen Datenprobleme in Bezug auf die Bewertung der Gesamtstudienergebnisse für den Impfstoff von Pfizer/Biontech sind:

„Die im ,The BMJ‘-Artikel geschilderten Fehler schränken die Aussagekraft der Zulassungsstudie des Impfstoffs nicht ein. Man sollte die Daten der Probanden dieser Zentren aus der Analyse nehmen und so prüfen, ob sich die Studienaussage ändert. Gut, dass auf diese Zentren nur etwa 2,3 Prozent der etwa 44 000 Teilnehmer entfielen. Zudem ist die Wirksamkeit inzwischen aus Daten aus Israel und anderen Ländern belegt. Wir nehmen kaum geimpfte Personen wegen COVID-19 stationär auf, erkennen also die Wirksamkeit jeden Tag.“
 
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