Plötzlicher Kindstod: Neue App soll Leben von Säuglingen retten
Ein gesundes, munteres Baby, das plötzlich nicht mehr aufwacht: Der plötzliche Kindstod ist für viele Neo-Eltern eine Horrorvorstellung. Vor allem deshalb, weil vieles was das "Sudden Infant Death Syndrome", kurz SIDS, betrifft, medizinisch nach wie vor ein Mysterium ist.
In der Forschung konnten inzwischen zumindest Risikofaktoren ausgemacht werden: Beispielsweise die Bauchlage des Kindes beim Schlafen, rauchende Eltern, ein niedriges Geburtsgewicht oder auch eine unsichere Schlafumgebung (Pölster, Kuscheltiere, weiche Matratze, etc.). Auch in sozioökonomisch schlechter gestellten Familien kommt SIDS Erhebungen zufolge häufiger vor.
Neue App könnte zur Prävention beitragen
Erst kürzlich ließen Fachleute mit neuen Erkenntnissen aufhorchen: Demnach könnte ein Mangel an dem Enzym Butyrylcholinesterase eine Rolle spielen. Das Enzym spielt eine wichtige Rolle im zentralen Nervensystem, der Mangel dürfte bei Säuglingen die Fähigkeit reduzieren, aufzuwachen und auf die Umwelt zu reagieren.
Bei Säuglingen zwischen dem zweiten und vierten Lebensmonat ist die Wahrscheinlichkeit des unerwarteten Todes jedenfalls am höchsten. Ab dem sechsten Lebensmonat nimmt das Risiko deutlich ab, bei Babys über einem Jahr tritt der unerwartete Tod kaum noch auf. In den letzten Jahren ist die Zahl von SIDS-Fällen in Österreich erfreulicherweise stark rückläufig. Während im Jahr 1987 noch 141 Säuglinge am plötzlichen Kindstod starben, waren es laut jüngsten Erhebungen der Statistik Austria 2022 nur acht Babys, vier Mädchen und vier Buben.
Ein neues digitales Tool aus britischer Forscherhand könnte Eltern, aber auch betreuendem Gesundheitspersonal, neue Möglichkeiten bei der Prävention eröffnen. Bei der Anwendung handelt es sich um einen digitalen Babyschlafplaner. Entwickelt wurde die App von Forschenden der Universität Bristol.
Erste Studienergebnisse sind vielversprechend: So berichtet das Wissenschaftsteam im Fachblatt JMIR Pediatrics and Parenting, dass das Tool das Potenzial habe, Säuglinge mit erhöhtem Risiko vor einem frühen Ableben zu bewahren. Neben Berechnungen des individuellen SIDS-Risikos eines Säuglings können Familien auch konkrete Schlafpläne herunterladen.
Gesundheitspersonal und Eltern geben positive Rückmeldungen
Ein Prototyp des Babyschlafplaners wurde von 22 Fachkräften aus dem britischen Gesundheitswesen getestet, darunter etwa Hebammen. 20 von ihnen wurden im Anschluss zu ihren Erfahrungen befragt. Sie berichteten, dass das Tool das Erkennen von Risikofamilien unterstützt. Auch der Austausch mit den betreffenden Familien werde verbessert. Vonseiten der Testerinnen und Tester wurde angeraten, die Nutzung des Instruments auf die Zeit der Schwangerschaft auszuweiten und es in verschiedenen Sprachen zur Verfügung zu stellen.
Die Gesundheitsfachkräfte verwendeten das Planungsinstrument bei 58 Familien. Zwanzig Eltern wurden vom Forschungsteam zu ihren Erfahrungen mit dem Tool befragt. Die Familien äußerten sich positiv, schätzten die vertrauenswürdigen Informationen und waren der Meinung, dass es nützlich und angemessen sei. Auch die individuellen Babyschlafpläne wurden als hilfreich empfunden.
Babyschlafplaner soll "Familien mit gefährdeten Babys unterstützen"
Die Ergebnisse sollen nur in einer größeren Studie überprüft werden. SIDS-Spezialistin und Studienautorin Anna Pease ist schon jetzt überzeugt: "Unser webbasiertes Instrument identifiziert Babys, die ein erhöhtes Risiko für SIDS haben. Diese Risikobewertung kann bereits bei der Geburt vorgenommen werden, damit das Gesundheitspersonal weiß, auf wen es sich bei der Unterstützung für einen sichereren Schlaf konzentrieren muss." Das Tool ermögliche es Familien auch, "die Bedürfnisse ihres Babys zu verstehen und einen Plan für dessen Sicherheit zu erstellen".
Man wisse, dass "Kampagnen für sichereren Schlaf das Leben Tausender von Babys gerettet haben", fügt Epidemiologe und Mitautor Peter Blair hinzu. "Obwohl SIDS selten ist, wissen wir, dass bei vielen Babys, die in den letzten Jahren gestorben sind, mindestens ein bekanntes Risiko in der Schlafumgebung vorhanden war und dass die meisten Babys, die sterben, in Familien geboren werden, die unter den Auswirkungen von Armut leiden." Man hoffe nun, dass "unser Babyschlafplaner Familien mit gefährdeten Babys unterstützen und helfen kann, Leben zu retten".