Wissen/Gesundheit

Neues über Demenz: "Keine Erkrankung des Alters mehr"

Dem Auftreten von kognitiven Leistungsstörungen, einer Demenzerkrankung, wurde lange Jahre vor allem mit Nihilismus begegnet. Doch das Blatt hat sich gewandelt. Das Risiko einer solchen Erkrankung kann verringert werden. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung bringen viele Jahre gute Lebensqualität, stellte am Dienstag bei den Praevenire Gesundheitstagen in Seitenstetten die Kremser Expertin Stefanie Auer fest.

In Österreich erhalten nur 30 Prozent eine Diagnose

"Derzeit leben mehr als 57 Millionen Menschen weltweit mit einer Demenz. Sie werden immer mehr. Die Krankheit verläuft in Stadien und dauert rund 20 Jahre. Acht Prozent der Patienten sind aber jünger als 65 Jahre. Betroffen ist immer die ganze Familie. Aber 75 Prozent der Betroffenen weltweit bekommen keine medizinische Diagnose. Auch in Österreich erhalten nur etwa 30 Prozent eine Diagnose", erklärte die Expertin von der Donau-Universität Krems. Diese Defizite verhindern auch eine adäquate medizinische Versorgung der Patienten.

Keine Frage des Alter mehr

Bisher von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hat sich aber das Bild vom Verlauf der Demenz in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt. Stefanie Auer: "Man kommt vom Nihilismus zum Optimismus. Die Demenz, speziell die Alzheimer Demenz, ist keine Erkrankung des Alters mehr. Nur die klinischen Symptome treten erst spät auf."

Erkrankung abmildern

Mit Prävention und einer Risikominimierung im mittleren Alter ließe sich bereits viel erreichen. Eine zeitgerechte Diagnose ermögliche schließlich eine optimale Versorgung der Betroffenen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat folgende Punkte zusammengefasst, mit denen sich ein erheblich Teil dieser Erkrankungen verhindern oder abmildern lassen: Ausgleichssport, gesunde Ernährung, geistige Stimulation, ausreichend Schlaf, Kontrolle von Blutdruck, Diabetes und Herzkrankheiten sowie Vermeiden von Hirnverletzungen (z.B. durch Tragen eines Helmes beim Radfahren).

Zeitliches Fenster für Interventionen

Die Expertin: "Man kann das Risiko für das Auftreten einer Demenz reduzieren." Jedenfalls hätten diese Hirnleistungsstörungen eine lange Geschichte, damit ergebe sich auch ein gutes zeitlichen Fenster für Interventionen. Nicht beeinflussen lässt sich zwar eine genetische Veranlagung, doch allein schon mangelnde Bildung ist mit einer Risikoerhöhung um acht Prozent verbunden.

Im mittleren Lebensalter sind dann Faktoren wie Bluthochdruck und Übergewicht/Adipositas negative Faktoren, im höheren Alter schließlich Rauchen, Depressionen, Bewegungsmangel, soziale Isolation und Diabetes.

Erste Symptome ernst nehmen

Ganz wichtig, so Stefanie Auer: "Man sollte erste Symptome ernst nehmen. Es ist für Menschen nicht einfach, sich einer Demenzdiagnose zu stellen. Aber es ist ein gutes Leben möglich." Jedenfalls sollte durch Entstigmatisierung den Betroffenen und ihren Angehörigen die Scheu vor einer Untersuchung genommen werden. Eine gute Vernetzung mit den Wohngemeinden könne die Situation viel besser bewältigbar und für die direkt und indirekt Betroffenen leichter machen.

Dafür wurde an der Kremser Universität auch bereits ein Programm für Gemeinden zum besseren Umgang mit den Patienten und ihren Familien geschaffen. In Haslach in Oberösterreich und in Böheimkirchen in Niederösterreich soll das jetzt erprobt und wissenschaftlich begleitet werden.