Ärger über Nichtraucherschutz: "Die Ministerin sollte zurücktreten"
Von Ingrid Teufl
Wenn über Lungenkrebs diskutiert wird, landet man rasch beim Thema Nichtraucherschutz – so auch am Donnerstag beim KURIER-Gesundheitstalk
Ein Video der gesamten Veranstaltung (Dauer: eineinhalb Stunde) finden Sie am Ende dieses Textes.
„Es ist eine Katastrophe“, sagte etwa der Onkologe Univ.-Prof. Christoph Zielinski, MedUni Wien. „Wenn unter einer Gesundheitsministerin ein Rauchverbot zurückgenommen wird, ist das ein einmaliges Ereignis in der westlichen Welt. Ich bin der Meinung, die Gesundheitsministerin sollte zurücktreten.“
Spontaner Applaus
Dass die gut 100 Zuhörer daraufhin spontan laut applaudierten, sagt viel über die Stimmung. Auch unter renommierten Ärztekollegen herrscht nach wie vor Unverständnis über die Regierungsentscheidung, wie ein KURIER-Rundruf zeigt. Univ.-Prof. Paul Sevelda, Präsident der österreichischen Krebshilfe und Mit-Initiator des Volksbegehrens „Don’t smoke“ betont: „Natürlich ist eine Gesundheitsministerin, die gegen ihre Überzeugung solche Maßnahmen setzt, rücktrittsreif.“
Etwas konzilianter zeigt sich Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres, der sich ebenfalls für das Volksbegehren engagiert. „Wir verstehen es nicht, aber einen Rücktritt würde ich nicht fordern.“ Er sieht die Schuld weniger bei Ministerin Hartinger-Klein, sondern in der Parteiräson. Die Position der FPÖ kann auch Univ.-Prof. Peter Husslein, Gynäkologe an der Wiener Uni-Klinik für Frauenheilkunde, nicht nachvollziehen. „Politisch und medizinisch ist es kontraproduktiv, diese Maßnahme zu verfolgen. Aber eine Forderung nach einem Rücktritt kann daraus nicht abgeleitet werden.“
Stark mit Rauchen assoziiert
Was Lungenkrebs betrifft, waren sich die Experten beim Gesundheitstalk einig: „Lungenkrebs ist ganz stark mit Rauchen assoziiert“, sagte Maximilian Hochmair, der im Wiener Otto Wagner-Spital Lungenkrebspatienten betreut.
„Es gibt zwar auch Patienten, die nie geraucht haben, aber 85 bis 90 Prozent waren Raucher.“ Die Tendenz ist steigend: 2012 gab es 4200 Neuerkrankungen, 2017 waren es 4700. Diese Zunahme ist durch mehr rauchende Frauen zu erklären. Durch jede gerauchte Zigarette verliere man 1,5 Minuten an Lebenszeit.
Franz Buchberger, der selbst an Lungenkrebs erkrankt war, hält Prävention bei Jugendlichen für sehr wichtig: „In den Schulen könnte man vieles umsetzen.“
Gute Behandlungsoptionen
In der Diagnostik und Behandlung von Lungentumoren hat sich in den vergangenen Jahren enorm viel getan. Operation, Chemo- und Strahlentherapie sind nach wie vor die großen Behandlungssäulen. „In Österreich sind wir glücklicherweise in der Lage, dass neue, zum Teil auch sehr teure Medikamente erstattet werden. Das ist in vielen Nachbarländern nicht der Fall.“
Mehr Präparate
Vor allem die systemische Therapie – also jene Formen, die oral oder als Infusion in den Körper gelangen – hat sich verändert, weil viele Details über die Strukturen von Lungenkarzinomen entdeckt wurden. Es stehen heute mehr Präparate zur Verfügung, die punktgenauer eingesetzt werden können. Ein Teil der Patienten spricht dabei auf die Immuntherapie gut an: Die Zellen des eigenen Immunsystem werden so aktiviert, dass sie Krebszellen erkennen und bekämpfen. In der Praxis wird bei der Therapiewahl sehr eng mit Pathologen zusammengearbeitet, die die Strukturen des Tumors bestimmen. Zielinski: „Sie sind sehr wichtige Partner geworden.“ Hochmair ergänzt: „Anhand ihrer Tumorbestimmung entscheiden wir, welche Therapie die richtige ist.“
Sehen Sie hier das Video vom Gesundheitstalk "Lungenkrebs":
Vorschau
Vorschau:
Der nächste Gesundheitstalk von KURIER, MedUni Wien und Novartis findet am 16. Mai 2018,18.30 Uhr zum Thema "Psoriasis" statt.
Veranstaltungsort: Van-Swieten-Saal der Medizinischen Universität Wien, Van-Swieten-Gasse 1a (Ecke Währinger Straße), 1090 Wien.