Impfstoffhersteller bereiten Vogelgrippe-Impfung für Menschen vor
In den vergangenen Tagen berichteten die USA, Kanada, Chile und Peru von einem Massensterben unter Seelöwen und Kegelrobben im Zuge der aktuell kursierenden Vogelgrippe. Allein in Peru sind 3.500 Seelöwen verendet. Seit Monaten grassiert die schwerste jemals dokumentierte Vogelgrippewelle bei Vögeln - auch bekannt als Aviäre Influenza oder Geflügelpest -, die auch Säugetiere infizieren kann. Meist handelt es sich dabei um Einzelnachweise.
Der aktuelle Ausbruch des Stamms H5N1 (2.3.4.4b) hat eine Rekordzahl von Vögeln getötet und Säugetiere infiziert und erstreckt sich über mehrere Erdteile - auch Europa ist betroffen. So berichtete Belgien am Wochenende von infizierten Rotfüchsen, Mardern und Fällen beim europäischen Iltis.
Wildlebende Wasservögel sind das natürliche Erregerreservoir, aber alle Geflügelarten, viele Zier- und Wildvogelarten können sich anstecken. Enten, Gänse und manche Wildvogelarten zeigen keine oder nur milde Symptome, allerdings ist die Krankheit für Geflügel hoch ansteckend und Hühner oder Puten können an schweren Verläufen erkranken.
Menschliche Fälle sind nach wie vor sehr selten: Weltweit haben nationale Gesundheitsbehörden erklärt, dass das Risiko einer Übertragung von Mensch zu Mensch nach wie vor gering ist. Derzeit gibt es einen in der EU zugelassenen Impfstoff, der jedoch auf einem alten Virusstamm basiert.
Millionen Impfstoffe
Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Montag berichtete, gaben die drei Impfstoffhersteller GSK, Moderna sowie CSL Seqirus auf Anfrage bekannt, dass sie als Vorsichtsmaßnahme gegen eine künftige Pandemie bereits Probeimpfstoffe für den Menschen entwickeln oder gerade testen, die dem zirkulierenden Subtyp besser entsprechen. Andere Pharmakonzerne wie Sanofi erklärten, sie seien "bereit", bei Bedarf mit der Produktion zu beginnen, da sie bereits vorhandene H5N1-Impfstoffstämme auf Lager hätten.
Die Unternehmen drängen auch darauf, einen Vogelgrippe-Impfstoff für Geflügel zu entwickeln: Ein Markt, der potenziell viel größer ist als jener für Menschen.
Weniger beruhigend ist jedoch, dass die meisten potenziellen Impfstoffdosen für den Menschen in langjährigen Lieferverträgen für wohlhabende Länder vorgesehen sind, meinten globale Gesundheitsexperten gegenüber Reuters.
"Wir könnten bei einem Grippeausbruch ein viel größeres Problem mit Impfstoffhortung und Impfstoffnationalismus haben, als wir es bei Covid-19 gesehen haben", so Richard Hatchett, Geschäftsführer der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI), die die Impfstoffforschung mitfinanziert.
Datenauswertung bei Robben
Die Vogelgrippe wird bei Vögeln und einigen Säugetieren in Neuengland seit Jänner 2022 fortlaufend mit Tests überwacht. Demnach starben allein im Juni und Juli 2022 entlang der Nordatlantikküste mehr als 330 Seehunde und Kegelrobben an der Vogelgrippelinie 2.3.4.4b. Ein Forschungsteam der Tufts University in Medford (USA) veröffentlichte vor Kurzem Daten zu Erregeranalysen von Proben toter, kranker, aber auch gesunder Tiere im Fachjournal Emerging Infectious Diseases.
Teilweise gebe es paarweise Proben, manchmal von einem Vogel und einer Robbe am selben Strand: Eine Robbe könne sich anstecken, wenn sie mit Exkrementen eines kranken Vogels oder mit dadurch verunreinigtem Wasser in Berührung komme oder wenn sie einen infizierten Vogel fresse.
Dass H5N1 bei Wasservögeln zu fast 100 Prozent tödlich ist, sei bekannt, hieß es. Die Studie zeige nun, dass dies auch für Säugetiere gelten könnte: Alle Robben, die positiv auf das Virus getestet wurden, waren zum Zeitpunkt der Probenahme bereits tot oder erlagen dem Erreger kurz darauf.
Diskutiert werde noch die Frage, ob das Virus auch zwischen Robben übertragen wird: "Es wäre nicht überraschend, wenn es zu einer Übertragung zwischen Robben kommen kann, da dies bei der niedrig pathogenen Vogelgrippe bereits so war", sagte Wendy Puryear. Definitive Nachweise fehlen aber noch - für Robben und generell für eine Übertragung von Säugetier zu Säugetier.
Experten haben Sorge, dass sich das Virus besser an Säugetiere und damit auch den Menschen anpassen könnte. Beunruhigt hatte Experten ein Vogelgrippe-Ausbruch auf einer spanischen Nerzfarm im Oktober 2022. Es gebe bei den Tieren Hinweise, dass sich der Erreger genetisch besser an Säugetiere anpasst hat, hieß es. Ob es in der Farm Übertragungen von Tier zu Tier gab oder einen anderen Ansteckungsweg etwa über Futter, ist bisher unklar.
Übertragungen von Säugetier zu Säugetier würden ein höheres Risiko für den Menschen bedeuten.