Wissen/Gesundheit

Experte zur Corona-Gefahr für Kinder: "Sollten den Ansteckungsweg kennen"

Der Sohn eines bereits mit dem Coronavirus infizierten Wiener Ehepaares wurde am Freitag positiv getestet. Die Tochter des Paares ist hingegen nicht infiziert. Damit erhöhte sich die Zahl der Infizierten am Freitag auf vier. Bei den Kindern handelt es sich um Jugendliche, wobei das genaue Alter nicht bekannt ist.

Infektiologe Heinz Burgmann von der MedUni Wien klärt auf, wie gefährlich das Coronavirus für Kinder ist.

KURIER: Sind Kinder und Jugendliche eine besondere Risikogruppe?

Heinz Burgmann: Nach derzeitigem Wissensstand nicht. Säuglinge, Kinder und Jugendliche erkranken seltener und die Infektionen verlaufen bei ihnen milder. Kinder können aber das Virus potenziell in die Familie tragen und stärker gefährdete Menschen, zum Beispiel die Großeltern, anstecken.

Gibt es Vermutungen, warum das so ist?

Nein, das kann man leider noch nicht sagen. Man weiß nur anhand der bisherigen Fallbeschreibungen, dass es bei den Unter-19-Jährigen weniger Infektionen und erst einen Todesfall gab, der auf das Coronavirus zurückgeht.

Wie kann man Kindern erklären, wie man sich in der aktuellen Situation verhalten soll?

Im Endeffekt handelt es sich um die gleichen Verhaltensregeln, wie bei der saisonalen Grippe. Wesentlich ist, das Kinder den Ansteckungsweg kennen – wie also die Tröpfchen, die beim Husten oder Niesen auf die Hände oder in die Luft gelangen, den Menschen krank machen können. Dann geht es darum, ihnen eine gewisse Niesetikette anzugewöhnen. Das umfasst das Niesen ins Taschentuch oder notfalls in die Armbeuge – und natürlich regelmäßiges Händewaschen. Das sind keine schwierigen oder Corona-spezifischen Maßnahmen, sondern Verhaltensweisen, die allgemein zur Vorbeugung von Infektionskrankheiten dienen.

Sind kleine Kinder stärker gefährdet, weil sie ein anderes Hygieneverständnis haben – etwa ihre Hände ablecken oder vieles in den Mund stecken?

Dass Kleinkinder Hygienemaßnahmen nicht sonderlich strikt einhalten, ist sicherlich ein Grund, warum sie sich ganz generell öfter mit Infektionskrankheiten anstecken. Zum anderen können Erwachsene auch auf ein Immunsystem zurückgreifen, welches im Umgang mit gewissen Erregern bereits erprobt ist. Es liegt also ein gewisser Eigenschutz vor, der bei kleinen Kindern noch fehlt. Außer es handelt sich um Krankheiten, gegen die wirksame Impfstoffe existieren.

Was ist zu tun, wenn mein Kind jetzt grippeähnliche Symptome entwickelt?

Wenn man mit dem Kind nicht in Regionen war, die derzeit als Risikogebiete gelten, oder engen Kontakt zu Menschen hatte, die sich dort aufgehalten haben, ist es wahrscheinlich, dass es sich bei den Beschwerden nur um Symptome einer Atemwegserkrankung handelt. Im Zweifelsfall kann man die Gesundheitsnummer 1450 wählen und die Empfehlungen befolgen. Kranke Kinder sollten nicht in den Kindergarten oder die Schule gehen.

Im Netz liest man von Kinderärzten, deren Praxen aktuell überrannt werden.

Das ist derzeit nicht nur bei Kinderärzten, sondern allgemein ein Problem. Viele Menschen, die einen Infekt früher ganz selbstverständlich daheim auskuriert hätten, kommen jetzt ins Krankenhaus. Dabei gibt es zum einen in Österreich erst einige wenige bestätigte Ansteckungsfälle mit dem Coronavirus und zum anderen benötigen selbst bei einer Ansteckung nur die wenigsten Patienten intensivmedizinische Betreuung.

Was würde mit einem Kind passieren, wenn sich die Eltern angesteckt haben und in Quarantäne kommen?

Die Kinder kommen auch unter Quarantäne und werden auf das Virus getestet. Weil Kinder mit ihren Eltern in einem Haushalt leben und auch in engem Kontakt mit ihnen stehen, ist es wahrscheinlich, dass es zu einer Ansteckung innerhalb der Familie kommt.

Ist das Sterberisiko bei schwangeren Frauen aufgrund des veränderten Immunsystems im Fall einer Ansteckung erhöht?

So viel wir aus den Daten aus China wissen, sind Schwangere keine Risikogruppe, weder was den Krankheitsverlauf noch eine erhöhte Sterblichkeit betrifft. Ich würde schwangeren Frauen zu ganz normalen und für die Grippesaison angemessenen Hygienemaßnahmen raten. Menschenansammlungen oder öffentliche Verkehrsmittel zu meiden, halte ich für übertrieben.