Diese Fachärztin verhilft Medikamenten zum Durchbruch
Von Uwe Mauch
Corona-Pandemie, Mangel an Fachärzten, nicht lieferbare Medikamente: In der Flut an negativen Meldungen alleine aus dem Gesundheitsbereich ringen die guten Nachrichten oft mal um Aufmerksamkeit. Doch es gibt sie, und weil sie keine Eintagsfliegen sind, werden sie auch aufgegriffen.
Etwa die Geschichte von der persischstämmigen Frau aus Teheran, die mit neun Jahren die Schule wechseln musste, in Wien eine neue Sprache erlernte und zudem ihre zweite Heimat fand. Heute ist Ghazaleh Gouya-Lechner eine international anerkannte Medizinerin und Unternehmerin, die ohne viel Aufsehen zu erregen, zum Reichtum Österreichs beiträgt.
KURIER: Was genau leisten Sie mit Ihrem Team?
Ghazaleh Gouya-Lechner: Wir beraten und begleiten Firmen und akademische Start-ups bei der Entwicklung neuer Medikamente. Das reicht von der Erstellung eines Business-Plans über die Unterstützung bei den einzelnen klinischen Phasen bis zur Einreichung etwa bei der EMA, der European Medicines Agency in Amsterdam, oder auch bei der FDA, der Food and Drug Administration in den USA.
Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
Besonders weit sind wir bei einem gynäkologischen Medikament, das hier in Wien entwickelt wurde.
Ist das schon auf dem Markt?
Wenn ich Ihnen sage, dass ich meine Firma vor sieben Jahren gegründet habe und die Entwicklung eines neuen Medikaments zehn Jahre und öfters auch länger dauert, dann sind wir hier weiter als ursprünglich geplant war.
Wie sind die Bedingungen für Forschung in Österreich?
Für die Gründung eines Start-ups eigentlich gut, auch im internationalen Vergleich. Erst wenn es so richtig teuer wird, ab der Phase 3, vor der Zulassung neuer Medikamente, und da reden wir schon von Summen im mehrfachen Millionenbereich, finden sich leider zu wenige heimische Investoren. Da könnten sich gerne ein paar mehr melden. Sonst wandert das mühsam erarbeitete Wissen schnell aus Österreich ab. Der Haken ist hier natürlich die lange Laufzeit der Projekte und auch die Unsicherheit, ob sich eine Investition je rentiert.
Muss das unsereins so zur Kenntnis nehmen, ohne da aktiv helfen zu können?
Helfen können auch Sie bzw. all jene, die nicht so viel Geld zum Investieren haben.
Und zwar?
Wenn wir es international vergleichen, zum Beispiel mit Großbritannien oder auch osteuropäischen Ländern, ist man in Österreich besonders zurückhaltend, was die aktive Teilnahme an den klinischen Studien betrifft. Immer noch sehen sich die meisten eher als Versuchskaninchen und nicht als jemand, der in der Innovationskette einen Beitrag leisten möchte. Damit neue Therapien Leiden von Menschen abmildern.
Da könnten sich gerne ein paar mehr melden, um Sie an dieser Stelle zu zitieren?
Ja, das wäre sehr hilfreich.
Ihre berufliche Karriere ist nicht linear. Sie sind eine sehr gut ausgebildete Ärztin, zudem Medizin-Managerin. Hat Ihnen das beim Gründen Ihrer Firma geholfen?
Unbedingt. Ich habe mich immer in unterschiedlichen Netzwerken bewegt. Diese Kontakte helfen mir jetzt.
Und wie geht es jetzt Ihrem Unternehmen finanziell?
Die Pandemie hat unsere Entwicklung nicht gefördert. 2023 wollen wir uns daher stabilisieren. Wir sind dabei, unsere Schäfchen langsam ins Trockene zu bringen.
Sie haben im Team einen Mix aus jungen und erfahrenen Forschern, auch Leute aus Syrien und aus der Ukraine. Was lernen wir daraus?
Ich kann dazu nur sagen, dass es sich gut ausgebildete Menschen heute aussuchen können, in welchem Land sie arbeiten wollen. Es macht daher schon Sinn, für Experten aus aller Welt offen zu sein.
Noch ein anderes Thema: Was sagen Sie zu den Frauen, die bei den Demonstrationen im Iran ihr Leben riskieren?
Ich bin überwältigt vom geballten Mut dieser Frauen. Trotz all der Rückschläge, die sie erleben mussten, ist es so: Das sind keine Proteste mehr, das ist eine Revolution, die von den persischen Frauen ausgeht. Ich hoffe nur, dass sie erreichen, was sie fordern: einfach ohne Angst zu leben.