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Coronavirus: Haarausfall kann eine Folge sein

Bei Covid-19 denkt man an eine Atemwegsinfektion, an Geschmacksverlust oder an hohes Fieber - aber nicht an Haarausfall. Einige Patienten, die an Corona erkrankt und in der Genesungsphase sind, berichten aber genau das.

Das berichtet zumindest Esther Freeman in einem Interview, das sie dem US-Sender NBC gegeben hat. Freeman leitet eine Datenbank, die die dermatologischen Begleiterscheinungen von Covid-19 dokumentiert - 1.000 Fälle wurden in 38 Ländern gesammelt. Demnach berichten immer mehr Patienten von Haarausfall.

Wenig überraschend

Den Infektions-Experten Amesh A. Adalja, MD vom Johns Hopkins Center for Health Security in Maryland, überrascht das nicht: "Dieser Haarausfall ist auf einen Mechanismus zurückzuführen, der Telogen-Effluvium genannt wird."

Adalja erklärt diesen Mechanismus so: "Nach physiologischem Stress gibt es einen Zustand, der den Wachstumszyklus der Haarfollikel beeinflusst. Er wird Telogen-Effluvium genannt und kann nach vielen verschiedenen Arten von Krankheiten, einschließlich Malaria und Tuberkulose, beobachtet werden."

Nach drei Monaten

Der telogene Effluvium manifestiert sich typischerweise etwa drei Monate nach dem belastenden Ereignis, und sowohl Männer als auch Frauen können betroffen sein, fügt er hinzu.  

Der Haarausfall kann nach jedem belastenden Lebensereignis auftreten - nicht nur nach einer schweren Krankheit, sondern auch nach einer Operation oder nach einem schweren psychologischen Stressfaktor wie dem Verlust eines geliebten Menschen.

Zyklen des Haarwachstums

Um das Telogen-Effluvium zu verstehen, hilft es, den Haarwachstumszyklus zu verstehen.  

"Zu jedem beliebigen Zeitpunkt befinden sich 85 bis 90 Prozent unseres Haares in einer Phase, die Anagen genannt wird - der Wachstumsphase", sagt der Dermatologe Angelo Landriscin.

"Währenddessen befinden sich ein bis zwei Prozent in einer Übergangsphase, die als Katagen bezeichnet wird. Bis zu zehn Prozent unserer Haare befinden sich in der Telogen- oder 'Ruhephase', daher in der Phase, in der unsere Haare normalerweise ausgefallen sind. Im Telogen-Effluvium - der Phase des krankhaften Haarausfalls - geht ein größerer als der normale Anteil unseres Haares in die Telogenphase über und wird abgeworfen.

50 bis 100 Jahre pro Tag sind normal

50 bis 100 Haare pro Tag zu verlieren, gilt als normal. Der Verlust von "deutlich mehr" wird jedoch als exzessiv betrachtet und führt zur Diagnose eines Telogen-Effluviums.

Es gibt zwar keine Hinweise auf einen Coronavirus-spezifischen Mechanismus, der Haarausfall auslöst, aber jede ernsthafte Krankheit kann Telogen-Effluvium verursachen - und Covid-19 fällt sicherlich in diese Kategorie.

"Viele Menschen mit Covid-19 erkranken schwer an hohem Fieber und anderen Symptomen, von denen wir wissen, dass sie mit dem Telogen-Effluvium in Verbindung gebracht werden können", sagt Dr. Landriscina.

"Wir wissen, dass das Stresshormon Cortisol während einer schweren Erkrankung in höheren Mengen freigesetzt wird und wir wissen auch, dass Cortisol die Haarstrukturen beeinflussen kann.

Seelischer Schmerz

Sogar der psychische Stress durch die Ansteckung mit dem Coronavirus kann ein Telogen-Effluvium verursachen. Und Covid-19 hat eindeutig bei vielen Stress verursacht: Arbeitslosigkeit, finanzielle Sorgen, Probleme bei der Kinderbetreuung oder den Tod eines geliebten Menschen.

Auch Hollywood-Star Alyssa Milano berichtete von Haarausfall.

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Normalerweise hält der krankhafte Haarausfall bis zu sechs Monate an. Es braucht also Zeit: Der Patient wird bemerken, wie sich sein vorhandenes Haar allmählich wieder normalisiert, während neues Haar nachwächst.

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