AstraZeneca-Impfstoff: Zwischen 70 und 90 Prozent Wirksamkeit
Der britisch-schwedische Pharmakonzern AstraZeneca und die Universität Oxford haben einen Durchbruch bei der gemeinsamen Entwicklung eines Corona-Impfstoffs gemeldet.
Nach dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer und jenem des US-Konzerns Moderna liegen nun Wirksamkeitsgrade des dritten vielversprechenden Anwärters eines Corona-Impfstoffes vor: Der Impfstoff soll im Durchschnitt eine 70-prozentige Wirksamkeit gegen das Corona-Virus aufweisen. Dies sei in zwei unterschiedlichen Studienabschnitten belegt worden.
Die BBC nennt es sowohl einen Triumph, wie auch eine Enttäuschung, nachdem Impfstoffe von Pfizer und Moderna einen Schutz um die 95% zeigen sollen. Die Impfung aus Oxford ist jedoch weitaus billiger und kann auch bei Kühlschranktemperatur gelagert werden, was bedeutet, dass sie leichter in jeden Winkel der Welt verteilt werden kann. Die beiden anderen Vakzine müssen bei viel tieferen Temperaturen gelagert werden, was die Logistik enorm erschwert.
Bedeutende Rolle
Der Impfstoff von AstraZeneca sollte also immer noch eine bedeutende Rolle bei der Bekämpfung der Pandemie spielen, wenn er von den Aufsichtsbehörden zugelassen wird, sind sich Experten sicher. Besonders nachdem Daten darauf hindeuten, dass eine Perfektionierung der Dosis den Schutz auf bis zu 90% erhöhen könnte.
"Die Wirksamkeit und Sicherheit dieses Impfstoffs bestätigen, dass er hochwirksam gegen Covid-19 sein wird und unmittelbare Auswirkungen auf den aktuellen Gesundheitsnotstand haben wird", sagt Pascal Soriot, Geschäftsführer von AstraZeneca.
Wirksamkeit im Detail
Wie die Universität Oxford mitteilt, habe eine Zwischenanalyse ihrer Phase 3-Impfstoffstudie gezeigt, dass die Wirksamkeit ihres Impfstoffs 70% betrage. Der Wert kam durch die Kombination der Ergebnisse von zwei verschiedenen Dosierungsschemata zustande, von denen das eine bei 90% und das andere bei 62% lag.
Studienautor Andrew Pollard zeigte sich gegenüber der Bbc als „mit diesen Ergebnissen wirklich zufrieden“.
90 Prozent Wirksamkeit bei den einen? 70 Prozent Wirksamkeit bei den anderen? Was für Forscher ganz klar ist, ist für Laien oft verwirrend. Berücksicht wurden für die Zwischenergebnisse zum einen Daten einer kombinierten Phase-II/III-Studie, bei der die Versuchspersonen der Impfgruppe zuerst eine halbe Dosis des Impfstoffs und einen Monat später eine weitere volle Dosis erhielten.
Die Effektivität lag den Angaben zufolge hier bei 90 Prozent. Zum anderen wurden Ergebnisse einer Phase-III-Studie berücksichtigt, bei der Probanden der Impfstoff-Gruppe zwei volle Dosen bekamen. Die bisher errechnete Effektivität lag dabei bei 62 Prozent. Zusammengenommen ergibt sich den Angaben zufolge eine Wirksamkeit von 70 Prozent. Die Zwischenauswertung basiert auf insgesamt 131 Infektionsfällen mit nachweislichem Covid-19.
Gerd Fätkenheuer von der Uniklinik Köln erklärte zu den Ergebnissen, dass die „sehr vorläufigen Daten“ schwer zu interpretieren seien - etwa das Ergebnis, dass mit einer geringeren Impfdosis eine größere Erfolgsrate zu erzielen war als mit einer höheren. „Das ist zunächst nicht einleuchtend, und es müssen weitere Daten abgewartet werden, bis man das besser einschätzen kann.“ Bestimmte Werte sprächen dafür, dass der Astrazeneca-Impfstoff etwas weniger effektiv sein könnte als die beiden mRNA-Impfstoffe, zu denen bereits Daten vorgestellt wurden. „Insgesamt ist es jedoch sehr erfreulich, dass jetzt bereits ein dritter Impfstoff kurz vor der Einführung steht.“
Wie der Coronavirus-Impfstoff funktioniert
Bei dem Impfstoff Nr. 3 handelt es sich um ein genetisch verändertes Erkältungsvirus, das früher Schimpansen infizierte. Er wurde verändert, um zu verhindern, dass er beim Menschen eine Infektion verursacht, und um die Baupläne für einen Teil des Coronavirus, das so genannte Spike-Protein, zu tragen.
Sobald diese Blaupausen im Körper sind, beginnen sie mit der Produktion des Spike-Proteins des Coronavirus, das das Immunsystem als Bedrohung erkennt und versucht, es zu bekämpfen.
Hohe Wirksamkeit bei Älteren
AstraZeneca gehört neben der deutschen Biotechfirma BioNTech mit ihrem US-Partner Pfizer und dem US-Konzern Moderna zum Kreis der führenden Unternehmen im Rennen um einen Corona-Impfstoff.
Der potenzielle Impfstoff hat bislang erfolgversprechende Ergebnisse in der klinischen Entwicklung erzielt. Bei älteren Menschen, der Gruppe mit dem höchsten Risiko schwerer Krankheitsverläufe, sei eine "robuste Immun-Reaktion" entstanden, berichtete die Financial Times Ende Oktober.
Der Impfstoff habe bei Älteren schützende Antikörper und T-Zellen ausgelöst. Diese Ergebnisse spiegelten im Juli veröffentlichte Daten wieder, die bereits zeigten, dass der Impfstoff bei gesunden Erwachsenen zwischen 18 und 55 Jahren eine "robuste Immunantwort" hervorrief.
Es sei ermutigend, dass die Immunantworten bei jüngeren und älteren Erwachsenen ähnlich ausfielen, sagte ein AstraZeneca-Sprecher dazu. Die Ergebnisse untermauerten die Sicherheit und Immun-Wirkung des Impfstoffs. Der Financial Times zufolge sollen die Ergebnisse in Kürze in einem wissenschaftlichen Fachmagazin veröffentlicht werden. Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock erklärte, der Impfstoff sei noch nicht fertig, er bereite aber die Logistik für eine mögliche Einführung vor. Mit dieser rechne er in der ersten Hälfte des kommenden Jahres.
Oxfords Herstellungspartner AstraZeneca bereitet sich darauf vor, weltweit drei Milliarden Dosen herzustellen.