Astra Zeneca: Was bedeuten die Verunreinigungen für Geimpfte?
Forscher der Ulmer Universitätsmedizin haben Verunreinigungen im Impfstoff von Astra Zeneca nachgewiesen, der KURIER berichtete. Sie fanden menschliche und virale Eiweiße, darunter sogenannte Hitzeschock-Proteine. Insgesamt seien mehr als 1000 Proteine in drei untersuchten Chargen festgestellt worden.
Die Studie ist noch im Preprint, das heißt, eine Begutachtung durch andere Wissenschaftler ist noch ausständig. Wenn die Ergebnisse stimmen, brauche es aber möglicherweise eine Optimierung bei der Herstellung des Impfstoffs, meint Virologin Christina Nicolodi, die Firmen in Zulassungsverfahren für Impfstoffe begleitet, auf KURIER-Nachfrage.
Proteine können Effekt haben
„Man muss es aber differenziert betrachten. Die gefundenen Verunreinigungen haben keinen Einfluss auf die Wirkung des Impfstoffs, sie haben aber einen Einfluss auf das Sicherheitsprofil. Man weiß, dass gewisse Proteine einen Effekt auf den Körper haben und eine Immunantwort auslösen können. Das zeigt sich in Entzündungsreaktionen, z.B. Rötungen oder Fieber“, sagt Nicolodi.
Aus diesem Grund werden bei der Impfstoffherstellung Grenzwerte für Proteinverunreinigungen definiert. Diese sind je nach Impfstoff, Herstellungsprozess sowie anderen Faktoren unterschiedlich. „Kein Impfstoff ist zu 100 Prozent rein. Durch die Produktion entstehen Verunreinigungen, das betrifft nicht nur Vektor-, sondern auch mRNA-Impfstoffe. Um diese zu reduzieren, gibt es Reinigungsschritte. Dass 1000 verschiedene Proteine gefunden wurden, klingt viel, man darf sich dadurch aber nicht verunsichern lassen – kein Impfstoffhersteller schafft es, Verunreinigungen vollständig zu beseitigen“, erklärt Virologin Nicolodi.
Zusammenhang mit häufigen Impfreaktionen
Bis zu einem gewissen Grad wären Verunreinigungen kein Problem – die definierten Grenzwerte sollen dies festlegen. „Das ist auch der Grund, weshalb präklinische Studien mit Tieren gemacht werden. Es wird geschaut, bis zu welcher Dosis Sicherheitsbedenken bestehen. Es gibt kein klassisch definiertes Limit, sondern das ist je nach Impfstoff individuell abzuschätzen“, so Nicolodi.
Die Ulmer Forscher gehen davon aus, dass die Mehrzahl der gefundenen Proteine keine negativen Auswirkungen auf geimpften Personen hat. Sie bringen aber die häufig beobachtete starke Reaktion ein oder zwei Tage nach der Impfung mit den nachgewiesenen Proteinverunreinigungen in Verbindung. Diese grippeähnlichen Symptome stehen wahrscheinlich damit in Zusammenhang, schreiben sie. Auch eine Verknüpfung mit späteren immunbedingten unerwünschten Ereignissen sei denkbar. Die Studie liefert aber keinen Nachweis dafür, dass die Verunreinigungen Impfreaktionen auslösen, sondern Indizien.
Hohe Proteinwerte
In der aktuellen Studie wurden Werte bis zu 32 Mykrogramm/Milliliter entdeckt. Dabei geht es um den Proteingehalt pro Impfdosis aus einer Charge. Der aufgrund eines laboreigenen Vergleichsvektors theoretisch zu erwartende Proteingehalt lag laut den Forschern bei 12,5 Mykrogramm/Milliliter.
„Das sind schon sehr hohe Proteinwerte, die gefunden wurden und wenn das tatsächlich der Fall ist, erschreckt es mich. Diese Werte müssten behördlich verifiziert werden und man muss sich anschauen, welche Grenzwerte definiert wurden. Fraglich ist, welcher Gesamtproteinwert genehmigt wurde, das fällt unter vertrauliche Information“, meint Nicolodi.
Der EMA als zulassender Behörde sei aus ihrer Sicht kein Vorwurf zu machen, da es sein könne, dass die Werte gemeinsam mit Astra Zeneca definierte Grenzwerte nicht überschreiten. Nicolodi: „Es gibt keine Grenzwerte, die für alle Impfstoffe anwendbar sind, das ist individuell zu entscheiden. Wenn die EMA in präklinischen Studien ein Signal gesehen hätte, dass der Schwellenwert zu hoch ist, wäre der Impfstoff so nicht zugelassen worden.“
"Unglaublich wertvoll"
Die Studie sei jedenfalls „unglaublich wertvoll“, da sie weitere Hinweise geben könnte, wie sich die sehr selten aufgetretenen Sinusvenenthrombosen erklären lassen. Die Ergebnisse müssten allerdings bestätigt werden. „Ist das der Fall, könnte es sein, dass der Reinigungsprozess angepasst werden müsste“, so Nicolodi.
Der Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmakonzerns Astra Zeneca ist ein Vektorimpfstoff. Als Vektor dient ein für den Menschen ungefährliches Adenovirus, das ein Oberflächenvirus des SARS-CoV-2-Virus in körpereigene Zellen von Geimpften einschleust. Im Zuge der darauffolgenden Immunreaktion werden Antikörper gebildet, die Impflinge gegen Covid-19 schützen sollen. Kurze Zeit nach der Immunisierung mit Astra Zeneca treten bei Impflingen relativ häufig grippeähnliche Symptome als Impfreaktion auf, in sehr seltenen Fällen entwickelten vor allem jüngere Frauen bis zu 16 Tage nach der Impfung lebensbedrohliche Sinusvenenthrombosen.
Vor diesem Hintergrund haben Forschende um Professor Stefan Kochanek, Leiter der Abteilung Gentherapie der Ulmer Universitätsmedizin, drei Chargen des AstraZeneca-Impfstoffs mit biochemischen Methoden und Proteomanalysen untersucht. Neben Proteinen des adenoviralen Vakzins selbst fanden sie beträchtliche Mengen menschlicher Proteine und auch regulatorischer viraler Proteine, die nicht Teil des Impfstoffs sind.
Die Originalstudie finden Sie hier...