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20 Millionen Europäer ohne sauberes Trinkwasser

Das Trinkwasser war schon im mer eine ernste und auch öf fentliche Angelegenheit, wie die Umwelthistorikerin Verena Wi niwarter weiß: „Schon bei den alten Griechen gab es Vorschriften, wie oft die Zisternen zu reinigen sind oder dass Tiere nicht an Brunnen getränkt werden dürfen.“ Überhaupt war das Wasser der erste Bereich, der öf fentlich verwaltet wurde.

Das gilt auch für Mitteleuropa, wo die Brunnenvergiftung einer der ersten Straftatbestände war. Ein öffentliches Wasser- und Abwassernetz wurde erst im 19. Jahrhundert er richtet, nachdem die Cholera ausgebrochen war – eingeschleppt von britischen Soldaten aus Asien. Erstmals trennte man den Zustrom des Wassers von der Wasserentsorgung. In vielen Häusern war es üblich, dass Senkgruben neben den Brunnen lagen.

Trinkwasser für jeden

Mittlerweile ist der Zugang zu sauberem Wasser in fast ganz Europa selbstverständlich. Aber eben nur fast. Für rund 20 Millionen EU-Bürger ist es das nicht. Die EU-Kommission hat im heurigen Februar – angeregt durch eine europaweite Bürgerinitiative – angekündigt, dafür zu sorgen, dass jeder Zugang zu sauberem Wasser bekommt.

Wobei nicht jedes Trinkwasser tatsächlich mit Genuss getrunken werden kann, wie Johann Fank vom Joanneum Research Graz betont: „Chloriertes Wasser, schmeckt nicht.“ Ein flächenhaftes Problem ist in Europa die hohe Nitratbelastung des Wassers (Bericht rechts) . Alfred Paul Blaschke vom Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie an der TU Wien weiß, warum eine Lösung so schwierig ist: „ Verursacher und Wasserversorger sind andere Personen bzw. Unternehmen.“

Medikamente

Größter „Wasserverschmutzer“ ist neben der Landwirtschaft die Industrie – Chemikalien, Medikamente und Krankheitserreger verunreinigen die Wasservorkommen. Ausreichender Schutz und entsprechende Kontrolle stehen daher im Mittelpunkt der EU-Initiative.

Um Grenzwerte nicht zu überschreiten, ist man in manchen Ländern sehr erfinderisch. In den Niederlanden, das von Massentierhaltung geprägt ist, wird die Gülle nach Mecklenburg-Vorpommern an der polnischen Grenze transportiert, wie Fank berichtet. „Dabei müsste Deutschland die Nitratwerte im Wasser reduzieren. Die EU hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.“ „In einigen Regionen Europas gibt es zu we nig Niederschläge – selbst in Ländern der gemäßigten Klimazonen wie Deutschland.“ Alfred Paul Blaschke Ingenieurhydrologe

Wassermangel ist hingegen in den meisten Teilen Europas kein Problem – von sehr heißen und trockenen Gegenden in Südeuropa abgesehen. „Natürlich kann es in manchen Sommern selbst in Österreich regional knapp werden, wie etwa 2003“, weiß Blaschke. Ob sich das durch den Klimawandel ändern wird, wissen die Forscher noch nicht so genau: „Für Österreich besteht in den nächsten 30 Jahren wohl keine Gefahr. Fix ist, dass die Temperaturen steigen und auch die Niederschläge, allerdings verdunstet auch mehr Wasser. Am Ende könnte sich das die Waage halten.“ In anderen Regionen Europas gebe es bereits zu wenig Niederschläge: „Das betrifft nicht nur Süd- und Osteuropa, sondern selbst Länder in gemäßigten Klimazonen wie Deutschland.“

Kleine Versorger

Der Plan, dass in jeder europäischen Stadt das Leitungswasser ohne Maßnahmen trinkbar sein soll, wird deshalb nur schwer umzusetzen sein, befürchtet Blaschke. „Ein Problem könnten auch kleinere Wasserversorger bekommen, weil Qualitätskontrollen aufwendig und teuer sind.“ In Österreich sei die Trinkwasserversorgung aber sehr sicher „nicht zuletzt deshalb, weil diese in öffentlicher Hand ist und nicht als Handelsware gesehen wird.“ Gut wenn es in Österreich so bleibt. „In Berlin hat sich gezeigt, was Privatisierung bedeutet. Dort hat man die Wasserversorgung nach Jahren wieder verstaatlicht“, sagt Umwelthistorikerin Winiwarter.