Erblindete Wienerin bekam bionisches Auge
Von Ingrid Teufl
Das sprichwörtliche "Argusauge" hat für Hildegard Monschein eine neue Bedeutung bekommen. Die vor 30 Jahren erblindete Wienerin ist die erste Patientin, der in Österreich ein hochkomplexes Mikrochip-System mit dem Namen "Argus II" implantiert wurde. Schon jetzt, nur zwei Wochen nach der Operation in der Wiener Rudolfstiftung, kann sie bereits erste Lichtreize wahrnehmen.
"Ich weiß aber, dass ich noch einen weiten Weg vor mir habe." Nun folgt ein langwieriges Training, damit Monschein die wahrgenommenen Reize richtig zu interpretieren lernt. "Es ist eine Art Schwarz-Weiß-Sehen", beschrieb sie es Freitag bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt. Sie weiß, dass das auch so bleiben und nicht mit normalem Sehen vergleichbar sein wird. "Ich habe zwanzig Jahre gebraucht, bis ich erblindet bin. Das Sehen lässt sich nicht plötzlich wieder anknipsen." Sie erkenne aber bereits Schatten und gewisse Konturen. Bei Monschein wurde die seltene, degenerative Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa (RP) diagnostiziert, rund zwanzig Jahre später waren ihre Sehzellen fast komplett zerstört.
Sehzellen stimulieren
Auch wenn nicht alle Patienten mit Retinitis pigmentosa vom Mikrochip-System profitieren werden, ist es doch ein Hoffnungsschimmer. Binder: "Von 150 Patienten, die untersucht werden, kommen vier bis fünf infrage." Das sind etwa auf beiden Augen erblindete Retinitis-pigmentosa-Patienten, deren untere Netzhautschichten noch zu etwa 30 Prozent funktionieren (Hotline für Anfragen: 0800-802208). Gregoire Cosendai, Europadirektor der US-Herstellerfirma "Second Sight", ergänzt: "Abgesehen von einer neuen Lebensqualität und Unabhängigkeit unterstützt die Wiederherstellung der Sehfähigkeit eines Blinden auch die Gesellschaft."
130 Patienten weltweit
In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich die Wiener Rudolfstiftung zu einem auch international anerkannten Zentrum für Glaskörper-, Netzhaut- und Hornhautchirurgie entwickelt. Über einen Augenkongress kam auch der Kontakt zur Technologie-Firma „Second Sight“ aus den USA zustande. Seit 1991 arbeiten Wissenschaftler und Techniker an der Entwicklung hochkomplexer Systeme, mit denen blinden Patienten das Sehen wieder ermöglicht werden kann.
2002 wurde erstmals einem Patienten ein Mikrochip-System implantiert. Das 2006 gestartete Nachfolgesystem „Argus II“ ist in den USA und Europa als künstliche Retina zugelassen. Es wurde auch in der Rudolfstiftung verwendet und funktioniert komplett mit ferngesteuerter Funkübertragung.
Der finanzielle Aufwand ist allerdings hoch. Das System kostet 120.000 Euro. In Österreich soll für die Finanzierung mit Hersteller und Sozialversicherungen ein Fonds gegründet werden.