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Eierstockgewebe aus dem „Eis“

Eine 25-jährige Frau mit Lymphknotenkrebs ließ sich in Dresden 2005 vor der ersten Chemotherapie einen halben Eierstock entnehmen – damit sollte verhindert werden, dass sie durch die Therapie unfruchtbar wird. In einem Spezialbehälter wurde er an das IVF-Labor der Frauenklinik der Uni Bonn gebracht – und dort bei minus 140 Grad tiefgefroren. Nach fünf Jahren und erfolgreicher Therapie wurde der Eierstock Anfang 2011 in Erlangen aufgetaut und der Frau eingepflanzt – im Oktober 2011 bekam sie einen Buben.

Seit Kurzem gibt es auch für krebskranke Frauen in Ostösterreich – wieder – die Möglichkeit zum "Ovarian Tissue Banking (OTB)" – also der Entnahme von Eierstockgewebe. Die Privatklinik Döbling bietet sie in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin der Klinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien an. Seit ein entsprechendes Programm am Wiener AKH 2008 eingestellt wurde, mussten die Patientinnen nach Linz oder Innsbruck ausweichen – "das war sehr belastend", sagt Univ.-Prof. Klaus Mayerhofer, MedUni Wien.

Auflagen

"Die Entnahme erfolgt in der Privatklinik Döbling, für das Einfrieren und Lagern konnten wir das IVF-Labor der Uni Bonn gewinnen", sagt Mayerhofer. In Döbling wird das Eierstockgewebe dann wieder eingesetzt. "Um diese besondere Operation durchführen zu dürfen, müssen wir strenge behördliche Auflagen erfüllen", sagt der Ärztliche Direktor der Privatklinik, Prim. Univ.-Prof. Christian Kainz. In Bonn ist bereits Eierstockgewebe von mehr als 700 Frauen – darunter auch das von der ersten Österreicherin – tiefgefroren, erzählt die Embryologin und Laborleiterin Maria Köster. Europaweit sind 18 Lebendgeburten nach diesem Verfahren dokumentiert. "Diese Zahl wird in Zukunft stark steigen, vor einem Jahr etwa waren es erst elf", sagt Mayerhofer. "Wichtig ist, dass Mediziner Frauen vor einer Chemotherapie aufklären, dass dadurch die Fruchtbarkeit verloren gehen kann – und diese Möglichkeit des Einfrierens besteht."

Die halben Eierstöcke werden nicht als ein Stück eingefroren, sondern in mehreren, zumeist zehn kleinen Teilen. "Damit muss ich nicht das Gewebe zur Gänze auftauen und habe – falls es nicht gleich beim ersten Mal anwächst – mehrere Versuche", sagt Mayerhofer.

Sollte die Chemotherapie keinen Schaden anreichen, können die Frauen auch mit den eineinhalb verbliebenen Eierstöcken schwanger werden: "Diesbezüglich gehen sie mit der Entnahme also kein Risiko ein." Im Vorhinein sei es oft sehr schwer abzuschätzen, welche Auswirkungen eine bestimmte Chemotherapie auf die Fruchtbarkeit hat. "Dies hängt stark vom Alter, von der Art der Chemotherapie und von der Dosis ab. Aber Schwangerschaften nach Chemotherapien gibt es immer wieder."