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Neues Herz trotz falscher Blutgruppe

Calab, 19, ein sportlicher Student aus Winnipeg, Kanada, hat einen berührenden Brief an Lori West von der University of Alberta, Direktorin des kanadischen Transplantationsprogramms, geschrieben: „Ich möchte Ihnen für mein Leben danken.“

Calab war am Valentinstag 1996 das erste Baby weltweit, dem ein Spenderherz mit einer „falschen“, nicht passenden Blutgruppe transplantiert wurde. „Für ihn war das die einzige Überlebenschance“, sagt West. Seither gab es weltweit erst 200 derartige „blutgruppeninkompatible“ (blutgruppenmäßig nicht zusammenpassende) Herztransplantationen bei Kleinkindern.

In Europa hat bisher nur ein Münchner Zentrum einige derartige Transplantationen durchgeführt. In ein bis eineinhalb Jahren könnte die erste derartige Transplantation auch im Wiener AKH stattfinden. Dazu wird es eine enge Kooperation mit den kanadischen Spezialisten der University of Alberta geben.
„Es war immer ein Dogma, dass man ja nicht gegen die Blutgruppe transplantieren darf“, sagt Andreas Zuckermann, Leiter des Herz-Transplantationsprogramms an der MedUni Wien/AKH Wien. Aber Babys entwickeln erst nach einigen Monaten Antikörper gegen fremde Blutgruppen, die das Spenderorgan angreifen – und man traut sich zunehmend, dieses Zeitfenster zu nützen. Dadurch erhöht sich die Zahl der ohnehin extrem seltenen Spenderorgane (in der Regel von verunfallten Babys).

Unvorhersehbar

„Bei kleinen Kindern sind im Gegensatz zu Erwachsenen die Wartezeiten auf ein Organ völlig unvorhersehbar. Es können wenige Wochen, aber auch zwei bis drei Jahre sein“, sagt Zuckermann. Derzeit erhalten an der MedUni Wien jährlich acht bis zehn kleine Patienten ein Spenderherz. Derzeit ist eines auf der Warteliste.

Bisher können Spenderorgane mit einer nicht zum Empfänger passenden Blutgruppe nur in einem Fall (bei Erwachsenen) verwendet werden: bei Nierenspenden von Lebendspendern. Dazu müssen die Empfänger vorbehandelt werden: Einerseits müssen jene Zellen reduziert werden, die Antikörper produzieren – und die bereits vorhandenen Antikörper müssen aus dem Blut herausgewaschen werden, sagt der Immunologe Thomas Wekerle, MedUni Wien, Koordinator der Fachtagung „Transplant Forum“.

„Innerhalb der vergangenen zwei, drei Jahre haben wir rund 20 derartige Transplantationen erfolgreich durchgeführt, so Rainer Oberbauer, Leiter der klinischen Abt. für Nephrologie und Dialyse der MedUni Wien. Diese Erfahrung soll für die Baby-Herztransplantationen genützt werden. Gleichzeitig sollen für Wien die von den Kanadiern entwickelten Behandlungsabläufe adaptiert werden. „Die Transplanteure müssen eng mit Kinderkardiologen, Kinderherzchirurgen, Kinderherzanästhesisten, Kindernephrologen, der Kinderintensivstation, Kardiotechnikern und der Blutbank zusammenarbeiten“, sagt Zuckermann. „Da muss alles exakt geplant sein und optimal zusammenspielen.“

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Nur in ganz seltenen Fällen werden derzeit Typ-1-Diabetikern (der Körper produziert Antikörper gegen jene Zellen, die in der Bauchspeicheldrüse Insulin erzeugen) Bauchspeicheldrüsen transplantiert: Es gibt wenige Organe, der Eingriff ist technisch kompliziert und es besteht ein hohes Risiko von Komplikationen nach dem Eingriff.

Aber auch die Transplantation der sogenannten Inselzellen alleine hat sich noch nicht breit durchgesetzt: Diese Zellen aus der Bauchspeicheldrüse zu isolieren ist extrem aufwendig.

Donald Dafoe vom Cedars-Sinai-Spital in Los Angeles (ein Bruder des Schauspielers Willem Dafoe) berichtete Mittwoch in Wien von einem neuen Ansatz: „Man könnte den Patienten Hautzellen entnehmen, diese zu Stammzellen zurückentwickeln und dann gezielt die Bildung von Inselzellen anregen. In meinem Labor hat das mit menschlichen Hautzellen bereits funktioniert.“ Noch ist das aber nur im Labor möglich.