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Wie Forscher aus einfachen Stoffen ein Mikronetzwerkmaterial bauen

Organische Materialien, die nur häufige Elemente wie Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff oder Sauerstoff enthalten. Daran arbeiten derzeit Miriam Unterlass, die an der Universität Konstanz (Deutschland) und am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien tätig ist.

Allerdings werden bisher zur Produktion solcher organischer Kunststoffe oft giftige Stoffe verwendet. Die Chemikerin setzt bei ihrer Herangehensweise anstatt auf toxische Lösungsmittel auf zwischen 180 und 250 Grad Celsius erhitztes Wasser und hohen Druck.

Hohe Stabilität

Nach diesem Grundprinzip stellte das Team bereits ein Kunststoffmaterial mit hoher Stabilität (Polyimid) vor. 2020 beschrieb man im Fachblatt "Angewandte Chemie" die Herstellung spezieller Hochleistungs-Polymere auf diesem Weg. Nun geht es um nochmals komplexere Materialien, erklärte Unterlass im Gespräch mit der Nachrichtenagentur APA.

Wie ein Schwamm

Das jetzt ins Visier genommene Material könne man sich vorstellen wie dreidimensionale Fischernetze oder "Schwämme". Als Ausgangsstoff fungieren Moleküle, die nur aus Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Kohlenstoff bestehen. Diese verbinden sich dann unter den Extrembedingungen. Je nach Hitze und Druck tun sie dies auf etwas unterschiedliche Art und Weise.

In hunderten Experimenten variierten die Wissenschafter um Unterlass und Marianne Lahnsteiner die Bedingungen systematisch und gingen danach mit der Forschungsgruppe des Netzwerkwissenschafters Jörg Menche von der Universität Wien und vom CeMM mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz-Methoden (KI) daran, die jeweiligen Materialien zu analysieren. Auf Basis der Experimente und der Analysen "können wir jetzt total gut steuern", welche Netzwerkstrukturen unter welchen Voraussetzungen entstehen, sagte Unterlass, die ihre Arbeit in einer aufstrebenden Forschern (Emerging Investigators) gewidmeten Sonderausgabe des Fachjournals vorstellte.

Zum Filtern oder Sieben

Die neuen Materialien bestechen durch Hohlräume und eignen sich daher gut zum Filtern oder Sieben. Da die Hohlräume tatsächlich winzig sind und sich in der Größenordnung von kleinen Molekülen bewegen, ließen sich letztere auch durch die Poren, die als "lange Kanäle" verstanden werden können, leiten, erklärte die Forscherin. Aktuell teste das Team ihren Einsatz als Materialien für Batterien. Die Idee ist, hier elektrische Spannung anzulegen und damit Lithium-Ionen oder Elektrolyte gezielt durch das Material zu lotsen.

Erstaunlich stabil

Neben der Tatsache, dass das Herstellungsverfahren ohne giftige Zusatzstoffe auskommt und sich damit in der Herstellung von porösen Materialen rund 25 Prozent der Kosten einsparen ließe, sei das Ergebnis auch erstaunlich stabil. Immerhin bis über 500 Grad Celsius halten die Hochleistungsstrukturen nämlich aus, so die Wissenschafterin, die die Arbeit zu den porösen Strukturen am CeMM in Wien durchführt.