Wirtschaft

Zwischen Teissl und Mercedes fliegen die Fetzen

Der Stern des Kärntner Mercedes-Händlers Hans Teissl & Sohn (160 Mitarbeiter, 17.000 Kunden) ist nach systematischen finanziellen Tricksereien über Nacht verglüht. Der Generalimporteur Mercedes-Benz Österreich hat den Vertriebsvertrag, der mit Teissl seit dem Jahr 1928 bestand, fristlos gekündigt. Die Vertragsauflösung wird demnächst auch die Gerichte beschäftigen, denn der Hintergrund ist brisant.

„Ja, es hat finanzielle Unregelmäßigkeiten gegeben und es sind Fehler gemacht worden“, bestätigt Senior-Chef Helmut Teissl dem KURIER. „Nachdem ich davon erfahren habe, habe ich Mercedes Benz darüber informiert und wir haben den Schaden wiedergutgemacht.“ Nachsatz: „Alles, was wir wollten, war eine zweite Chance, um das Unternehmen ohne Verlust der Arbeitsplätze in den nächsten Monaten verkaufen zu können.“ Für Mercedes Benz scheint das offenbar keine Option – aus rein rechtlichen Gründen.

Vorgeschichte

Im Sommer 2014 hat der Salzburger Generalimporteur seinen Händlern angekündigt, dass er in allen Autohäusern Revisionen durchführen wird. Im Mittelpunkt: die komplexen Abrechnungen.

Bei Teissl war angeblich nach einer internen Prüfung Feuer am Dach. Das Autohaus hatte den Generalimporteur bei Abrechnungen in den vergangenen sieben Jahren um insgesamt 1,4 Millionen Euro übers Ohr gehauen. So sollen Leistungen, die der Importeur finanziell stützte, nicht erbracht worden sein. Dazu zählen Aufbauten bei Basismodellen von Nutzfahrzeugen. „Bei den Umbauten wurden dem Importeur erhöhte und falsche Rechnungen gelegt“, bestätigt der Kärntner Autohändler dem KURIER.

Tricks bei Gebrauchtwagen

Auch bei der Rücknahme von Gebrauchtfahrzeugen im Zuge von Neukäufen soll getrickst worden sein. Für einen alten Mercedes sollen 4000 Euro Stützung vom Importeur geflossen sein, für eine gebrauchte Fremdmarke, wie einen BMW, sogar 6000 Euro. Folglich soll Teissl dem Importeur lieber die „lukrativeren Fremdmarken“ verrechnet haben, obwohl nur gebrauchte Mercedes eingeliefert wurden. Auch sollen für Gebrauchtfahrzeuge „Boni“ kassiert worden sein, die gar nicht existierten.

Über das Jahr nahm das Autohaus so zusätzlich etwa 200.000 Euro ein. Mit der Schadenswiedergutmachung (1,4 Mio. Euro) an Mercedes Österreich hat sich Teissl womöglich ein Strafverfahren erspart. Im Juristen-Deutsch heißt das „tätige Reue“.

„Bedenkliches System“

„Die Firma Teissl hat ein sehr bedenkliches System betrieben“, sagt Bernhard Bauer, Sprecher von Mercedes Österreich, zum KURIER. „Darum begrüßen wir die gerichtliche Aufarbeitung, die Teissl anstrebt.“ Der Kärntner will den gekündigten Händlervertrag mit einer einstweiligen Verfügung bei Gericht bekämpfen.

Zwischen dem (ehemaligen) Villacher Mercedes-Händler Dipl. Ing. Hans Teissl & Sohn (17.000 Kunden, 160 Mitarbeiter) und dem Generalimporteur Mercedes-Benz Österreich verhärten sich die Fronten. Der Generalimporteur nimmt die fristlose Vertragskündigung des traditionsreichen Kärntner Autohauses, das seit 86 Jahren besteht, nicht zurück.

Das Autohaus wird morgen, am 19. November 2014, die Aufkündigung mit einem Antrag auf Einstweiliger Verfügung bei Gericht in Villach bekämpfen. „Wir haben gestern die kalte Logik von Konzernmanagern erlebt, denen die Durchsetzung einer Konzernstrategie wichtiger ist als sichere Arbeitsplätze für 160 Familien und zufriedene Mercedes-Kunden“, wettert Firmeninhaber Helmut Teissl. „Unser Vorschlag zu einem geordneten Verkauf unseres Unternehmens wurde strikt abgelehnt.“ Nachsatz: „Gott sei Dank sind wir ein finanziell gesundes, mittelständisches Unternehmen mit loyalen Mitarbeitern und treuen Kunden, das auch so etwas aushalten kann.“

Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung

Der Streit hat eine sehr pikante Vorgeschichte. Das Autohaus Teissl hat den Generalimporteur Mercedes-Benz Österreich bei der Abrechnung in den vergangenen sieben Jahren um insgesamt 1,4 Millionen Euro geschossen (siehe oben).

Dem Vernehmen nach soll Firmeninhaber Helmut Teissl von den Unregelmäßigkeiten nichts gewusst haben. Als das Problem aber auftauchte, habe er sofort reagiert, heißt es aus dem Unternehmen. Er hat Mercedes-Benz Österreich von sich aus darüber informiert, dass es „im Unternehmen durch einige Jahre zur falschen Verrechnung von Stützungsbeträgen gekommen ist“.

In der Folge soll auf eigene Kosten eine komplette Revision der vergangenen sieben Jahre durchgeführt und einem von Mercedes-Benz nominierten externen Revisor freiwillig Zugang zu allen Unterlagen gewährt“ haben. Danach hat Teissl „unaufgefordert sämtlich zu Unrecht verrechneten Stützungsbeträge (1,4 Millionen Euro) an Mercedes-Benz Österreich zurückgezahlt. Zugleich hat er „alle personellen und strukturellen Maßnahmen ergriffen, dass diese Falsch-Verrechnungen in Zukunft nicht mehr stattfinden werden“, heißt es in einer Stellungnahme.

Keine Gnade nach Trickserei

Das Autohaus Teissl hat mit einem Schreiben vom 4. November 2014 und in einem Vergleichsgespräch gestern, Montag, Mercedes-Benz Österreich angeboten, die am 29.Oktober 2014 erfolgte fristlose Auflösung aller Verträge zwischen Mercedes-Benz Österreich und dem Autohaus Teissl in eine einvernehmliche Beendigungsvereinbarung umzuwandeln.

„Wir haben angeboten, bis zum 31. Dezember 2015 in Abstimmung mit Mercedes-Benz einen Käufer für unser Autohaus zu suchen, Mercedes-Benz in dieser Zeit vollen Einblick in unsere Bücher zu gewähren und dafür Sorge zu tragen, dass eine geordnete Übergabe ohne Nachteile für Mercedes-Benz-Kunden erfolgt“, erklärt Teissl. „Das hat das Management von Mercedes-Benz Österreich abgelehnt.“

An Verpachtung nicht interessiert

Die Mercedes-Manager hätten lediglich ein Konsortium von Salzburger Privatpersonen genannt, das an einer Pacht des Autohauses Teissl interessiert wäre. „Wir haben in den vergangenen Wochen viele Kaufangebote erhalten“, sagt Helmut Teissl. „Darunter gibt es auch einige, die das gesamte Unternehmen mit allen Mitarbeitern übernehmen wollen. Wir prüfen jetzt diese Angebote. An einer Verpachtung sind wir nicht interessiert.“ Nachsatz: „Wir wollen einen Käufer, der die Arbeitsplätze langfristig sichert und unser Unternehmen als Gesamtes weiterführt.“

Mitarbeiter informiert

Die Eigentümerfamilie Teissl hat am Dienstag die Mitarbeiter ihres Autohauses darüber informiert, heißt es weiter in einer schriftlichen Stellungnahme, dass nun ein Verkaufsprozess gestartet wird, der bis spätestens Ende März 2015 abgeschlossen sein soll. Der Anwalt des Unternehmens wurde beauftragt, beim zuständigen Gericht in Salzburg bis spätestens morgen eine Einstweilige Verfügung zur Abwendung der Nachteile der fristlosen Vertragskündigung einzubringen und Schadenersatzklagen gegen Mercedes-Benz Österreich vorzubereiten.