Zinserhöhung im Dezember: „Alles ist möglich“
Von Andrea Hodoschek
Dass die Europäische Zentralbank (EZB) bei ihrer Sitzung am 15. Dezember die Zinsen weiter nach oben schrauben wird, ist fix. Die Frage ist nur, in welcher Höhe. „Der Umfang wird von den Daten abhängen. Daher ist alles möglich“, sagte Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann am Freitag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Er wisse noch nicht, wie der im Dezember im EZB-Rat abstimmen werde.
Die Zinsen könnten neuerlich um 0,75 Prozentpunkte erhöht werden, aber auch nur um 0,50 Punkte. Basis für die Entscheidung der europäischen Zentralbanker sind die neuen Konjunktur- und Inflationsprognosen der Volkswirte der Notenbanken. Maßgeblich werde die Entwicklung der Teuerung sein, aber auch die Lohnrunden und wie schnell die Unternehmen Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben. Derzeit liegt der Leitzins, zu dem sich Banken Geld bei den Notenbanken leihen können, bei 2,0 Prozent. Möchten die Institute Geld bei der Zentralbank parken, erhalten sie 1,5 Prozent.
Einen Zielwert für die Höhe der Zinsen (Terminal Rate) nenne die EZB ganz bewusst nicht, um die Finanzmärkte nicht zu beeinflussen. Aber das Ende der Fahnenstange sei noch nicht erreicht, erklärte Holzmann.
Bei der Bekämpfung der Teuerung ortet Holzmann erste Anzeichen einer Entspannung. Was er mit den sinkenden Realeinkommen, welche die Nachfrage bremsen würden, rückläufigen Energiepreisen sowie der Verbilligung von Importen durch derzeit sinkende Produktionspreise in China begründet. Für Österreich werde aber die glückliche Zeit, als es 40 Jahre lang Öl und Gas unter den Weltmarktpreisen gab, nicht mehr wieder kommen.
Beim Zeitraum in Sachen Eindämmung der Inflation ist der österreichische Notenbank-Chef persönlich skeptischer als die EZB, die innerhalb von zwei Jahren mit einem Rückgang der Teuerung auf zwei Prozent rechnet. Die EZB hatte ihre Inflationsprognosen in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu tief angesetzt.
In den USA sinkt zwar die für die Zinshüter wichtige Kerninflation, also die Teuerungsrate ohne Berücksichtigung der Energie- und Nahrungsmittelpreise. Doch in der EU steige die Teuerung derzeit noch.
Größte Sorge
Vor einem Jahr hatte Holzmann erklärt, angesichts der Inflationsentwicklung schlecht zu schlafen. Schläft der Nationalbank-Gouverneur inzwischen besser? Anscheinend nicht, „die Zahl der Komplikationen hat sich noch weiter erhöht“. Seine größte Sorge sei, falsch zu entscheiden, „also zu viel oder zu wenig Gas im Kampf gegen die Inflation zu geben“.
Immo-Kredite
Die neuen Regeln für Immobilienkredite hält Holzmann „grundsätzlich für richtig“, auch wenn man einzelne „Druckpunkte“ ändern könne. Allerdings hätten die Banken bei der Kreditvergabe einen Spielraum, den sich nicht ausschöpfen würden, womöglich, weil ihnen manche Kredite doch „zu heiß“ seien. Den Immobilien-Markt hält Holzmann zwar für "etwas überhitzt, aber in keinem Vergleich zu früher.
andrea hodoschek@kurier.at