Der Glaube kann Märkte versetzen
Er war der bis dato jüngste Wirtschaftsnobelpreisträger: Kenneth Arrow erhielt die Auszeichnung 1972 im (nach Nobelpreis-Maßstäben) zarten Alter von 50 Jahren. Heute ist er 93– und ein echter Publikumsmagnet: Mehrere hundert Zuhörer ließen den großen Kassensaal der Oesterreichischen Nationalbank am Dienstagnachmittag aus allen Nähten platzen. Wer zu spät zum Vortrag kam, musste mit der Videoübertragung im zweiten Veranstaltungssaal vorlieb nehmen.
Wifo-Chef Karl Aiginger, der Arrow nach Wien eingeladen hatte, würdigte den US-Ökonomen als einen der ganz Großen der Zunft. Und er verwies auf dessen fast schon seherische Begabung: 2003, also lange vor der Finanzkrise, hatte Arrow die großen Herausforderungen der Wirtschaftspolitik für die nächsten zehn Jahre treffend benannt: die Regulierung des instabilen und betrugsanfälligen Finanzsystems, den Klimawandel, die zunehmenden Einkommensunterschiede und die alterungsbedingt steigenden Gesundheitskosten.
Zirkelschluss
Werden komplexe Systeme auf einfache Modelle heruntergebrochen, können aber schon minimale Veränderungen gewaltige Ausschläge verursachen. Das stellt Ökonomen vor ein Dilemma: Einerseits sind Prognosen über die wirtschaftliche Entwicklung wichtig, weil davon Investitionsentscheidungen abhängen. Andererseits werden sie dadurch erschwert, dass Erwartungen stets auf anderen Erwartungen aufbauen und so ein Zirkelschluss entsteht. „Der Glaube spielt ein große Rolle“, schließt Arrow daraus.
Kenneth Arrow ist unter anderem Mitglied im Forschungsbeirat des Projektes „WWW (Wealth, Welfare and Work) for Europe“, das von der EU-Kommission finanziert wird. Unter der Leitung des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) arbeiten dabei 32 Forschungseinrichtungen aus 12 Ländern daran, mögliche Grundlagen für ein gesünderes Wirtschaftssystem zu finden.
Bilder: Die Nobelpreisträger für Wirtschaft der vergangenen Jahre