Wirtschaft

Es gibt sie doch, die positiven Signale

Hohe Schulden, steigende Arbeitslosigkeit, Wachstumsflaute, Standorterosion, Reformstau: Hausgemachte Gründe zum Jammern gibt es genug – Österreichs Probleme wurden hundertfach benannt. Auch in den Beiträgen der Wirtschaftsforscher zum Wirtschaftsbericht 2015 der Regierung sind die wunden Punkte angeführt.

Jammern soll aber kein Selbstzweck werden, denn man kann die Wirtschaft auch kaputtreden: Ohne Zuversicht gibt es keine Investitionen, ohne Investitionen kein Wachstum, ohne Wachstum keine Jobs.

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Nach dem Motto „Raus aus dem Jammertal“ hat der KURIER den Bericht nach positiven Signalen durchforstet. Die gute Nachricht: Es gibt sie.
  1. Solide Ausgangslage: Stimmt schon: Etliche Indikatoren zeigen nach unten. Die Stimmung ist aber viel schlechter als objektiv angebracht. Österreich verfügt über starke Unternehmen, eine ausgewogene Wirtschaft, stabile Finanzen und ordentliche Rahmenbedingungen.
  2. Guter Ausblick: Der Wachstumspfad führt aufwärts, 2016 sollte ein Plus von bis zu 1,9 Prozent möglich sein. Dabei helfen auch Faktoren wie die bessere Konjunktur der Eurozone, der für Exporte günstige Eurokurs und das billige Öl.
  3. Exporte: Noch nie haben so viele Unternehmen Geld im Ausland verdient wie jetzt: Österreich zählt 50.000 Exporteure. Diese könnten von den Freihandelsabkommen profitieren, die die EU aushandelt: mit den USA, aber unter anderem auch mit Japan, Kanada oder Vietnam.
  4. Investitionen: Ob es nun der 315 Milliarden Euro schwere europäische Juncker-Investitionspakt (EFSI) ist, die Offensive für leistbaren Wohnbau oder die 4 Milliarden Euro, die Infrastrukturminister Alois Stöger jährlich in den Ausbau der Verkehrs- und Dateninfrastruktur steckt: Es stimmt nicht, dass die öffentliche Hand gar nichts für Investitionen lockermacht.
  5. Konsum: Dass eine Steuerreform, die 5,2 Milliarden Euro bewegt, von der Bevölkerung als Belastungspaket wahrgenommen wird, hat sich die Regierung selbst zuzuschreiben. Am Ende zählt aber der ökonomische Effekt. Die Haushaltseinkommen werden entlastet, das wird den Konsum sicher anschieben, sind alle Experten überzeugt.
  6. Forschung: Österreich liegt auf Platz 4 der 28 EU-Länder, was den Aufwand für Forschung anbelangt. Ein zukunftsweisendes Signal, auch wenn das Geld noch zu wenig effizient eingesetzt ist. Die Anhebung der Forschungsprämie von 10 auf 12 Prozent ab 2016 ist ein weiterer Anreiz für Unternehmen.
  7. Neue Gründerzeit: Die Ankündigung, Österreich soll zur Gründer- und Start-up-Nation Nummer eins in Europa werden, ist etwas gar vollmundig. Ein Anfang ist aber gemacht, wenn Jungunternehmern weniger Knüppel in den Weg geworfen werden. Mit der Erleichterung von Crowdfunding ist ein wichtiger Anfang in Sachen Finanzierung gemacht.
  8. Bürokratieabbau: Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung, sagt man. Die Regierung hat das Problem der Überverwaltung erkannt, erste Erfolge gibt es. Für Klein- und Kleinstunternehmen wurden Genehmigungsverfahren vereinfacht. Die absurd hohe Zahl von Sonderbeauftragten, die Unternehmen für alle möglichen Aufgaben abstellen müssen, sinkt um vier – das hilft 53.000 Firmen. Die Finanz vereinfacht den Bürgern das Leben bei der antragslosen Familienbeihilfe und dem automatischen Steuerausgleich.
  9. Industrie: Sei es die Plattform Industrie 4.0, seien es Pilotfabriken oder Forschungsschwerpunkte: Österreich hat erkannt, dass die Industrie vor einer gewaltigen Weichenstellung steht – und bemüht sich, den Anschluss an die Technologieführer nicht zu verpassen.

Zitate aus dem Wirtschaftsbericht und von der Präsentation

„Wir sind gut gerüstet, haben aber Aufgaben zu erledigen. Wir müssen das Leistungspotenzial besser heben, das beginnt bei der Bildungsreform. Flächendeckende Kinderbetreuung, ganztägige Schulden, leistungsorientierte Einrichtungen: Das haben wir uns bis Ende des Jahres vorgenommen.“

Werner Faymann, Bundeskanzler

Österreich ist eines der Länder, die hinter ihrem Wachstumspotenzial zurückbleiben. Deshalb ist besonders wichtig, dass Österreich mit Strukturreformen beginnt.“

Valdis Dombrovskis, EU-Währungskommissar, im Videozuspieler

„Wir haben die Talsohle durchschritten, müssen aber wieder an die Spitze kommen. Bei TTIP muss man das große Ganze sehen: Österreich hat als Exportnation immer von Freihandelsverträgen profitiert. Es wäre fatal, käme das Abkommen der USA mit den Pazifikstaaten, aber unseres nicht.“

Reinhold Mitterlehner, Vizekanzler

Österreich gehört zu den drei größten Nutznießern der EU. Jeder Bürger hat jährlich 280 Euro mehr in der Tasche, die Auslandsinvestitionen sind 14-mal höher als zuvor.“

Jean-Claude Juncker, Kommissionspräsident, in einem Gastbeitrag

„Mein Ressort verursacht keine Kosten, mein Ressort investiert. Ich habe dabei höchste Renditen im Auge – nicht nur die Kapital-, sondern besonders die gesellschaftliche Rendite. Eine Sparneurose ist kein guter Wegbegleiter.“

Alois Stöger, Infrastrukturminister

„Alle internationalen Organisationen loben die Steuerreform, wir verstricken uns in Details. Bedauerlich: Die Registrierkassenpflicht entscheidet nicht die Zukunft. Hingegen sind 5,2 Milliarden Euro Entlastung eine Basis für Wachstum.“

Hans Jörg Schelling, Finanzminister