Wiener Linien nehmen 200 Opel-Mitarbeiter auf
Ende März bewahrheiteten sich jene Gerüchte, die schon länger im Raum standen: Bis zu 400 Mitarbeiter, ein Drittel der insgesamt 1.200 Kopf starken Belegschaft im Opel-Werk Aspern, sollen bis zum Jahresende abgebaut werden. Grund: Ein Getriebe-Großauftrag läuft aus. Schon im Vorjahr musste sich Opel von 140 Mitarbeiter verabschieden und das obwohl die Stadt Wien dem Werk erst im Juni 2018 Fördergelder in Höhe von einer Million Euro zuschoss. Von der Gewerkschaft wurde die Stadtregierung deshalb gerügt: Als Bedingung für die Finanzspritze wurde lediglich der Fortbestand des Werkes samt Investitionen, nicht jedoch die Zahl der Arbeitsplätze, die erhalten bleiben müssen, genannt.
Nach Bekanntwerden der Kündigung versicherte die Stadt Wien, sich um die betroffenen Mitarbeiter zu kümmern. Nun wurde für einen Teil der vom Stellenabbau betroffenen Mitarbeiter eine Lösung präsentiert. Die Stadt übernimmt 200 der rund 400 gekündigten Angestellten. Sie werden künftig Kollegen der derzeit rund 8,700 Wiener Linien-Beschäftigten.
Sowohl im Bereich Fahrzeugtechnik als auch im Bereich Fahrdienst sollen jeweils rund 100 neue Mitarbeiter unterkommen. Auch in den Bereichen IT und im kaufmännischen Bereich suchen die Wiener Linien Verstärkung, ebenso sind Techniker im Bau- und Anlagenmanagement willkommen.
Bürgermeister Michael Ludwig: „Mir geht es darum, als Stadt Wien rasch zu helfen und zu vermitteln. Ein großer und sehr attraktiver Arbeitgeber in der Region sind die Wiener Linien, die aktuell sowohl im Bereich Fahrzeugtechnik als auch im Bereich Fahrdienst Fachkräfte suchen“, so Ludwig.
Der Opel-Betriebsrat verhandelt indes weiter über einen Sozialplan.
Das Opel-Werk in Wien
Das Opel-Werk in Wien hat seine besten Zeiten hinter sich. 1995, am Höhepunkt der Produktion, arbeiteten in den Fabrikshallen in Wien-Aspern im Osten der Stadt an die 3.000 Leute. Mit dem Bau war 1980 begonnen worden, bei der offiziellen Eröffnung am 15. Oktober 1982 standen bereits 1.600 Mitarbeiter an den Fließbändern. 1983 stieg die Jahresproduktion auf 230.000 Motoren und 250.000 Getriebe.
Die Geschichte des Opelwerks in Wien begann am 23. August 1979, als der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) und GM Austria-Generaldirektor Helmuth Schimpf einen Vertrag für die Errichtung eines Motorenwerkes unterzeichneten. Laut der Firmenchronik von Opel Wien waren damals Investitionen von 9,8 Mrd. Schilling vorgesehen - umgerechnet wären das heute 710 Mio. Euro.
"Das waren Zeiten", schrieb die Mitarbeiterzeitung "Opel Post" 2017 zum 35-Jahr-Jubiläum. Demnach hatte sich Kreisky eine Automobilfabrik gewünscht. Die ursprüngliche Aufgabe des Werks Wien-Aspern war, Motoren und Getriebe für den - damals neuen - Opel Corsa zu liefern. Als Corsa-Werk wurde das Werk in Saragossa in Spanien im gleichen Jahr wie Aspern - 1982 - eröffnet.
1988 zählte das Werk in Wien 2.700 Mitarbeiter, die Jahresproduktion stieg auf 380.000 Motoren und 510.000 Getriebe. Im selben Jahr eröffnete nebenan das GM-Schwesterwerk Rochester, das später als Delphi Automotive Systems in einer weltweiten Umstrukturierung ausgegliedert wird. 1992 wurden die Opel-Produktionshallen erneut erweitert. Viele Jahre lang fuhr jedes zweite Auto von General Motors in Europa mit einem Getriebe aus Wien-Aspern.
Im Laufe der Zeit hatte das Wiener Werk mehrere Namen: 1994 wurde die General Motors Austria Ges.m.b.H. in Opel Austria GmbH umbenannt, 2001 wurde im Zuge einer Allianz mit Fiat daraus die Opel Austria Powertrain GmbH als Teil von Fiat-GM Powertrain. 2005 wurde das Joint-Venture aufgelöst, Wien-Aspern ging an GM zurück und wurde in General Motors Powertrain - Austria GmbH umbenannt. 2017 wurden die GM-Marken Opel und Vauxhall an die französische PSA-Gruppe, Mutterkonzern von Peugeot und Citroen, verkauft.
Bei Opel Wien hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder Sparprogramme mit Stellenabbau und Kurzarbeit gegeben. 2018 wurden rund 100 weitere Mitarbeiter abgebaut. Laut Angaben des Betriebsrats von Mitte Februar waren zuletzt noch 1.150 Arbeiter und rund 200 Angestellte beschäftigt. Mit dem erneuten Stellenabbau von 350 bis 400 Mitarbeitern wird der Personalstand wohl erstmals seit der Eröffnung vor mehr als 35 Jahren unter die Marke von 1.000 Mitarbeitern fallen. Der neue Eigentümer PSA fährt seit der Übernahme bei allen Opel-Standorten einen scharfen Sparkurs.