Wirtschaft

Wiener Kaffee-Kult aus Berlins Szene

Von den Kleinen sind wir einer der größten – und erfolgreichsten", sagt der Wiener Wilhelm Andraschko ganz entspannt in seiner "Kaffee-Manufaktur". Die werkelt in einem Industriebau der Jahrhundertwende in einer der unwirtlichsten Ecken von Berlin-Kreuzberg. Das hält die Kosten niedrig. Das Renommee aber ist hoch: Der Kaffee aus Berlins Hinterhof zählt zur schmalen deutschen Spitze.

Andraschko, 61, ist in Berlins Gastroszene kein Unbekannter: Er eröffnete 1980 das "Café Einstein". Das wird auch sieben Jahre nach seinem Rückzug in jedem Reiseführer als einziges klassisches Wiener Kaffeehaus Berlins gepriesen – und mittlerweile mehrfach kopiert.

Im Café begann Andraschko mit dem Kaffeerösten: Das damalige deutsche Angebot war ihm "einfach zu schlecht". Seine Qualität überzeugte bald auch befreundete Gastronomen in Berlin. Heute nehmen mehrere Hundert Kunden 85 Prozent der acht Tonnen pro Monat ab. Darunter sind die meisten Top-Restaurants Berlins und einige bis hinunter nach Bayern. Nur 15 Prozent der Produktion gehen in den Einzelhandel. Aber auch da in den feinsten: "Das KaDeWe (Kaufhaus des Westens, Anm.) verlangt von uns keine Regalgebühr wie für die meisten Markenanbieter", ist Andraschko stolz.

Seine zwölf Kaffees in der weinroten Hülle sind "top-end": 14,95 Euro pro halbem Kilo wie für den "Grand Cru" lukrieren andere nur mit exotischen Aromen und sehr viel Werbung.

Know-how

Beides braucht Andraschko nicht. Er ist Fan des klassischen Espresso: Das Know-how erwarben er und seine stets präsente Frau in Italien. Dessen Kaffeekultur ist das Vorbild, das sie übertreffen wollen. Auch in der Produktion: Außer den "weltbesten" deutschen Röstkesseln ist die typisch italienisch. Das Rohmaterial, ausschließlich Arabica-Bohnen, kommt nur aus den klassischen Anbaugebieten, die die Andraschkos bis zu drei Mal im Jahr besuchen.

Handverlesener Einkauf, extrem schonende Röstung und spezielle, milde Mischungen seien ebenso Komponenten des Erfolgs wie das persönliche Marketing: Kunden erhalten zum Kaffee auch Beratung für die heikle Bedienung ihrer Kaffeemaschine. Das schafft 25 Prozent Wachstum jedes Jahr für derzeit fünf Angestellte.

Der Expansionsdrang ist aber noch nicht ganz gestillt. Ehrgeizigstes Ziel momentan: Der Markteintritt ins anspruchsvolle Österreich. Den sei er "sich noch schuldig", so Andraschko, und "ein Grund mehr, öfter in der schönen Heimat zu sein". In der man "mit Kaffee ja heikler ist als sonstwo – Italien natürlich ausgenommen".

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