Wirtschaft

Wiener Börse verkommt

Die Wiener Börse zählt zu den ältesten Wertpapier-Handelsplätzen der Welt (gegründet 1771 von Maria Theresia). Die Schwäche, die die Börse befallen hat, ist allerdings nicht dem Alter zuzuschreiben, sondern ist – politisch – hausgemacht. Die Umsätze des Aktienhandels brechen immer weiter ein. Heuer liegen sie rund ein Drittel unter den Werten des Vorjahres, und 2011 war schon übel. Nicht an allem ist die Schuldenkrise schuld. Eine Reihe von Maßnahmen sind dringend nötig, um dem heimischen Kapitalmarkt wieder auf die Beine zu helfen:

- Gewinnsteuer

Seit dem Frühjahr schlägt die Kapitalertragsteuer auf Kursgewinne mit Wertpapieren voll zu. Sie wird von vielen Wertpapier-Experten als „Totengräber des heimischen Kapitalmarktes“ bezeichnet. Beim Diktat der leeren Staatskassen wird die Forderung nach einer Abschaffung dieser Steuer wohl ungehört bleiben. Der Gesetzgeber könnte sich aber zumindest neue Modelle überlegen: Steuern sollten nur jene zahlen müssen, die ihre Wertpapiere relativ kurz halten. Nicht aber jene, die mit Aktien fürs Alter vorsorgen. Wird das Wertpapierkonto vererbt oder in der Pension nicht aufgebraucht, könnte dann immer noch eine Nachversteuerung erfolgen.

Die vielen kleinen Gemeinheiten, die die Gewinnbesteuerung bereit hält, müssen aber in jedem Fall rasch weg. So muss es Anlegern ermöglicht werden, Verluste, die sie in einem Jahr erlitten haben, in das nächste Jahr vorzutragen. Zudem muss wohl eingebaut werden, dass Spesen und Gebühren von der Steuer abgezogen werden können.

- Finanztransaktionssteuer

Elf EU-Länder, darunter Österreich, werden diese Steuer einführen. Um die Spekulanten an den Kosten der Krise zu beteiligen, lautet die Begründung. Die Steuer wird allerdings auch den mageren Handel an der Wiener Börse weiter eindämmen. Die Experten fordern daher: Keine Steuer bei Transaktionen an offiziellen Börsen, sondern nur bei solchen, die über außerbörsliche Plattformen laufen.

- Privatisierungen

Von der Münze Österreich über Immobiliengesellschaften bis zu Flughäfen oder Energiebetreibern – vieles gehört zur Gänze oder mehrheitlich der öffentlichen Hand. Würden Teile davon über die Börse Privatanlegern angeboten, würde das den Kapitalmarkt bestimmt beleben. Für gut funktionierende Unternehmen werden Anleger bereit sein, gute Preise zu zahlen.

- Mehr Wissen

Das Vermitteln von Wertpapierwissen schon in Schulen muss gefördert werden. Mündige Anleger werden Risiken besser einschätzen können und Unternehmen vermehrt Eigenkapital zu Verfügung stellen.

Die Politik hat also viel zu tun, um die Wertpapierkultur in Österreich zu verbessern. Dazu gehört auch, dass Politiker die Börse nicht regelmäßig mit einem Tummelplatz für Spekulanten gleichsetzen.