Wirtschaft

Wie man Reiche abschöpft

Wenn alles rasch geht, könnte es schon 2015 so weit sein: Reiche, die einen Teil ihres Geldes zum Beispiel für Forschung spenden wollen, sollen das künftig mit weniger bürokratischen und steuerlichen Hürden tun können.

Das Wirtschaftsministerium hat Vorarbeiten zu einem Gesetz für gemeinnützige Stiftungen gestartet. Sie könnten nach deutschem Vorbild steuerbefreit sein. Derzeit werden Best-Practice-Modelle geprüft. Außerdem könnten Spenden für gemeinnützige Aufgaben nicht mehr mit zehn Prozent des Einkommens gedeckelt werden. In Deutschland und der Schweiz sind es 20 Prozent. Politisch scheint es noch Widerstand von Teilen der SPÖ (speziell in der Arbeiterkammer) zu geben. Denn das hieße, dass Private öffentliche Aufgaben übernehmen, was quasi eine Art freiwillige "Reichensteuer" wäre. Die Befürworter wollen diese aber lieber verpflichtend.

Gezieltes Fördern

Harald Mahrer, Chef der Julius-Raab-Stiftung und Präsident des gemeinnützigen Stiftungsverbandes, meint, es gebe genügend Reiche, die (mehr) Geld springen lassen würden, wenn gesichert sei, dass ihre Spende nicht in einem anonymen Budget-Topf versickere. Der Verband könnte eine Plattform schaffen, um Mäzen und förderwürdige Institution zusammenzubringen. Mahrer präsentierte sein Wunschmodell in einer Debatte von "Bright Minds" (Initiative von KURIER, Format und Spiegelfeld Immobilien zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes).

Steuer, Bürokratie

Größte Bremse für die Spendenfreudigkeit ist die Steuer: Wenn Geld aus einer Stiftung entnommen wird, geht sofort ein Viertel an den Fiskus. Nur rund 25 Millionen pro Jahr fließen laut Mahrer aus Stiftungen in Gemeinnütziges. Das könnte auf eine Milliarde Euro jährlich steigen, schätzt er.

Geändert werden müsse dafür aber auch das viel zu enge bürokratische Konzept für das gesellschaftliche Engagement der Stifter, betont Michael Fembek von der Essl Sozialstiftung, die sich mit sechs anderen Wohlhabenden zu den "Sinnstiftern" zusammengeschlossen hat. Als gemeinnützig gelten derzeit ausschließlich "mildtätige" Vereine. Das sind aber nur jene, die Menschen in absoluten Notlagen helfen, betont Fembek. Die Definition müsse verbreitert werden, damit Projekte für Bildung, Senioren oder Arbeitslosigkeit ebenso darunter fallen.

Auch die vorgeschriebene "Unmittelbarkeit der Hilfe" müsse aufgehoben werden. Dem aktuellen Gesetz entsprechend müsste Bedürftigen direkt Geld in die Hand gegeben werden, was oft wenig sinnvoll sei. Minister Reinhold Mitterlehner erwartet vor allem Geld für seinen zweiten Bereich, die Wissenschaft. Und er verspricht: "Wir wollen das Thema der ergänzenden privaten Finanzierung und der Neugestaltung des Forschungsraumes zielstrebig angehen."

Sie stecken Geld in die Sicherheit, die Gesundheitsvorsorge und die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Und sie spenden für gemeinnützige Vereine – angefangen von lokalen Sportvereinen über die freiwillige Feuerwehr bis zu Initiativen zur Integration von Behinderten oder Migranten. "Das soziale Engagement der österreichischen Unternehmen ist stark ausgeprägt. Wir liegen dabei vor Deutschland und weit vor den USA", sagt Harald Mahrer, Präsident der Julius-Raab-Stiftung, die zum Thema "Soziale Verantwortung" eine Umfrage bei 500 heimischen Unternehmen durchführen ließ. Ergebnis: 95 Prozent der Firmen engagieren sich durch verschiedenste Maßnahmen für die Gesellschaft. "Das ist mit ein Grund, warum Österreich so gut durch die Krise gekommen ist", glaubt Mahrer. Das ausgeprägte Sozial-Engagement hänge auch damit zusammen, dass es in Österreich viele Kleinunternehmen gebe, die eng mit ihrer Region verbunden seien. "Lokal zu helfen hat Tradition", sagt Mahrer.

Ein Ökonom, der in den USA als "Rockstar" (Financial Times) gefeiert wird – und das als Franzose? Dieses unwahrscheinliche Kunststück ist Thomas Piketty gelungen, einem 42-jährigen Professor aus Paris. Seit Kurzem liegt die englische Fassung seines 685-Seiten-Wälzers vor ("Capital in the Twenty-First Century") – und Piketty wird herumgereicht wie ein Star.Woher kommt der unerwartete Erfolg? Der Franzose hat einen Nerv getroffen. Datenreich analysiert er die Schieflage der Vermögen. Das Thema ist schon länger kein Steckenpferd der Linken mehr, sondern im Zentrum der Ökonomendebatte angekommen. Die Zahlen zeigen, dass in den 1980ern etwas aus dem Lot geraten ist. Seither klafft die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr auseinander. Neu ist, dass diskutiert wird, welchen Schaden die Schieflage verursacht. Sogar der als neoliberal verschriene Internationale Währungsfonds macht sich Gedanken über Umverteilung. Bisher galt: Reichtum ist als Ansporn wichtig – strebt der Einzelne nach mehr, bringt das allen Vorteile, weil der Wohlstand tröpferlweise durchsickert. Jetzt wird (mit Anklängen an Marx) diskutiert, ob sich der Kapitalismus selbst zerstört. Ist jemand so reich, dass er sein Geld nicht mehr sinnvoll ausgeben, sondern nur sparen und vererben kann, fehlt es im Wirtschaftskreislauf. Oder es fließt in hochriskante Wetten und Spekulationsblasen, beschwört also neue Krisen herauf.In den USA besitzt ein Prozent der Bevölkerung fast 35 Prozent des Vermögens. Nur noch 44 Prozent der Bürger zählen sich zum Mittelstand (2008 waren es 53). Die Zahl derer, die sich als Unterschicht fühlt, ist jedoch von 25 auf 40 Prozent gestiegen. Laut aktueller OECD-Statistik haben die Reichsten in den USA in den vergangenen 30 Jahren weltweit am stärksten zugelegt. Aber auch in anderen Industrieländern hat das reichste Prozent der Bevölkerung seinen Anteil am Gesamteinkommen deutlich vergrößert.