Wirtschaft

Weg frei für mehr Atomkraft in der EU

Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass es auch in Zukunft in der EU staatliche Förderungen für Atomkraftwerke geben kann. Der Einspruch der österreichischen Regierung gegen staatliche Subventionen für das englische Atomkraftwerk Hinkley Point C wurde erneut abgewiesen. Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel mehr möglich.

Die erste Klage Österreichs war bereits im Juli 2018 abgewiesen worden. Die EU-Kommission hatte die Pläne der britischen Regierung zur Förderung der Kernenergie akzeptiert. Das AKW in der südwestenglischen Grafschaft Somerset soll 2023 in Betrieb gehen und die folgenden 60 Jahre Strom liefern.

Es stehe dem Vereinigten Königreich frei, „die Zusammensetzung seines Energiemixes selbst zu bestimmen“, weil jeder EU-Staat „das Recht hat über seine Energieressourcen zu bestimmen“, heißt es in dem Urteil. Die EU-Mitgliedstaaten entscheiden also völlig autonom über ihre Energiepolitik. Andere EU-Staaten wie Österreich können sie nicht daran hindern, den Betrieb von Atomkraftwerken zu subventionieren. Dieses Urteil wird Staaten wie Tschechien oder Ungarn freuen, die weiterhin auf den Ausbau der Atomkraft setzen.

AKW in Ungarn

Der Einspruch der österreichischen Regierung gegen Förderungen für den Bau des ungarischen Atomkraftwerks Paks 2 ist somit ebenfalls hinfällig. Der EuGH wird wohl bei Paks 2 genauso entscheiden wie bei Hinkley Point C.

Aktuell hat Frankreich mit 70 Prozent den höchsten Anteil an Atomstrom in der EU. Es folgen die Slowakei und Ungarn mit rund 50 Prozent Atomstrom. Im Vereinigten Königreich sind es aktuell lediglich 15 Prozent. In Österreich gibt es kein Atomkraftwerk. Zu Sicherung der Stromversorgung wird aber vor allem im Winter Atomstrom aus dem Ausland importiert.

Umweltministerin Leonore Gewessler sprach von einem „ernüchternden Ergebnis“. Sie glaubt, dass der Euratom-Vertrag die Ursache für den erfolglosen Einspruch gegen Beihilfen für Atomkraftwerke war. Gewessler will, dass der Vertrag geändert wird.

Dafür ist Einstimmigkeit notwendig. Doch eine solche Einstimmigkeit wird es nicht geben. Neben Großbritannien haben sich Frankreich, Tschechien, Ungarn, Slowakei, Polen und auch Rumänien für die Beibehaltung der Beihilfen für Atomkraft ausgesprochen.

Es ist auch nicht gesichert, dass der Euratom-Vertrag die wesentliche Grundlage der Entscheidung des EuGH war. Österreich hatte argumentiert, dass der Bau eines neuen Kernkraftwerkes „kein Ziel von gemeinsamem Interesse“ sei.

Entwicklungshilfe

Das ist laut EuGH auch „nicht erforderlich“. Es reicht, wenn die Beihilfen für die „Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete bestimmt sind“ und „die Handelsbedingungen nicht in einem Maße verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“. Der Euratom-Vertrag kommt in der Pressemitteilung des EuGH zur Urteilsbegründung nicht vor.

Das Fördermodell für Hinkley Point C. entspricht im Prinzip dem Fördermodell für erneuerbare Energieträger in Österreich. Es werden für viele Jahre Einspeisetarife für den Strom garantiert, die deutlich über dem Marktpreis liegen. Der Unterschied ist vor allem die Förderlaufzeit von 35 Jahren für Hinkley Point C. Üblich ist eine Laufzeit der Förderungen von 15 bis 20 Jahren.