Wirtschaft

Warum Ravioli in der Dose ein unglaubliches Revival erleben

Als Ende Jänner die ersten Corona-Fälle in Europa auftraten, behielten die heimischen Konsumenten noch ruhig Blut. Von Hamsterkäufen keine Spur, im Gegenteil: Mengenmäßig wurden sogar weniger Nahrungsmittel nach Hause getragen als im Durchschnitt der Vorjahre. Als gegen Ende Februar die ersten Fälle in Österreich auftraten, änderte sich das Kaufverhalten abrupt. Als die Regierung dann am 13. März die Schließung der Gastronomie ankündigte, brachen alle Dämme.

20 bis 30 Prozent mehr

Mengenmäßig wurde um 20 bis 30 Prozent mehr nach Hause geschleppt, zeigt die Analyse der Agrarmarkt Austria (AMA) für das erste Quartal. Dass die Umsätze noch eine Spur kräftiger wuchsen, zeige, dass die Kundschaft weniger auf den Preis geachtet habe, sagte AMA-Chef Michael Blass bei der Online-Präsentation. Vor dem Lockdown lag der Aktionsanteil im Lebensmittelhandel wertmäßig bei 28 bis fast 30 Prozent, in der letzten Märzwoche nur noch bei 22,7 Prozent.

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Nudeln und Mehl, in anderen Corona-Untersuchungen stets Spitzenreiter, sind in der quartalsweisen AMA-Analyse nicht enthalten. Dafür verstellen sie auch nicht den Blick auf Lebensmittel, die ein ungeahntes Revival erlebten: Im ersten Quartal wurde gleich um 37,4 Prozent mehr Kohlgemüse eingekauft als vor einem Jahr (siehe Grafik unten). Ein enormes Plus, wenn man bedenkt, dass sich das Einkaufsverhalten bis Ende Februar nicht verändert hatte. Warum gerade Kohlgemüse? „Vitaminreich und lange haltbar“, meinte Micaela Schantl, die Leiterin der AMA-Marktforschung. Verwundert hat sie auch, dass der fast schon totgesagte Schmelzkäse plötzlich wieder gut nachgefragt war (plus 16,4 Prozent).

Ravioli

Eine noch unglaublichere Renaissance legten die sogenannten Nass-Fertiggerichte hin, zu denen etwa Ravioli in der Dose zählen. Davon wurden im ersten Quartal 5.344 Tonnen nach Hause getragen – um 42 Prozent mehr als im Startquartal des Vorjahres.

Vorräte

Im Durchschnitt haben die heimischen Haushalte ihre Ausgaben im Jahresabstand um 11,1 Prozent erhöht, um ihre Nahrungsmittelvorräte aufzustocken. Bei jungen Haushalten (bis 29 Jahre) machte das Plus sogar 23,9 Prozent aus. „Weil die normalerweise weniger kochen, weniger Vorräte haben und öfter essen gehen“, sagte AMA-Managerin Schantl.

Regionales

Produkte aus der Region sind in der Krise wichtiger geworden, hat eine AMA-Befragung vor wenigen Wochen ergeben. Das konnte die AMA jetzt mit Fakten untermauern: Bei Lebensmitteln haben „alternative Einkaufsquellen“ stark zugelegt. Beim Ab-Hof-Verkauf etwa gab es ein Plus von 22,1 Prozent. Auch Bauernmärkte „sind voll im Trend“, so AMA-Chef Blass.

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Er hofft, dass der aktuelle Appetit auf Regionales auch nach der Corona-Krise so bleiben möge. „Bitte unterstützen sie die heimischen Bauern und Verarbeiter, aus Solidarität und um die Leistung für die Zukunft abzusichern“, lautet sein Appell. Trotz aller Schwierigkeiten waren und sind „die Bauern in der Lage, die Tische der Österreicher jeden Tag zu decken“. Versorgungssicherheit sei keine Selbstverständlichkeit, das „verdiene Solidarität und Unterstützung“. Beim Einkaufen habe es jeder selber in der Hand. „Auch bei überzogenen Aktionen, wo Preis und Wert weit auseinanderklaffen.“ Dem Handel komme bei diesem Thema ebenfalls eine Schlüsselrolle zu.