Warum Banküberweisungen vier Tage benötigen
Christine W. war verwundert. Sie hat am 30. April über ihr Onlinebanking eine Überweisung vorgenommen. Am Konto des Empfängers kam diese erst am 4. Mai an – vier Tage später. „Wie kann das sein?“, fragt sich die Kundin einer großen heimischen Bank. Die vordergründig simple Erklärung: Das lange Wochenende. Der 1. Mai ist Bankfeiertag und an diesem ruht der Zahlungsverkehr sowie an Wochenenden. Daher trifft die Überweisung erst am Montag ein. Betroffen sind auch alle Daueraufträge, die mit Monatsersten eingestellt sind. Diese sind überhaupt erst am 5. Mai beim Empfänger angekommen.
Für Kunden wie Frau W. ist dies im Computerzeitalter unverständlich. Eine Nachfrage bei Banken zeigt: Die tagelange Verzögerung ist eher die Regel als die Ausnahme.
Instant Payment
Dabei gebe es seit 2016 eine Lösung namens Instant Payment, entwickelt vom Europäischen Zahlungsverkehrsrat. Das System einfach erklärt: Dieses ermöglicht es europäischen Firmen und Privatkunden, über ihre Bank rund um die Uhr innerhalb von maximal 25 Sekunden Gelder an den jeweiligen Empfänger zu transferieren. Der maximale Überweisungsbetrag liegt bei 15.000 Euro pro Transaktion (ab 1.7.2020 EUR 100.000,-). „Das Eurosystem sieht dies als wichtigen Schritt, um einer Fragmentierung im Massenzahlungsverkehr entgegenzuwirken“, sagt der zuständige Hauptabteilungsleiter in der Nationalbank (OeNB) Stefan Augustin.
Doch bei weitem nicht alle europäischen Banken nehmen daran teil. In Österreich etwa sind es neun, darunter Erste Bank und Sparkassen. Sie sind seit Beginn des Systems im November 2017 passiv für Instant Payment erreichbar – aktive Überweisungen werden voraussichtlich mit Mitte des Jahres möglich sein. „Natürlich nur an jene Empfänger, deren Banken an dem Verfahren teilnehmen“, heißt es seitens der Erste.
Nationalbank drängt
Die Umsetzung erfolgt zunächst für Einzelüberweisungen – in den kommenden Jahren wird davon ausgegangen, dass Instant Payments den herkömmlichen Zahlungsverkehr schrittweise ablösen und somit dann auch Daueraufträge in Echtzeit abgewickelt werden.
„Die Banken sollten das Service rasch in den Markt bringen“, sagt Augustin. Doch diese stehen auf der Bremse, wie sie selbst zugeben. „Es liegt an den Investitionskosten“, sagt Michael Ernegger vom heimischen Bankenverband.
Enormer Aufwand
Denn bis jetzt würden alle Überweisungen gebündelt und dann zusammen an die anderen Institute übertragen. Im neuen System sei es aufgrund der Echtzeit immer ein Einzelverfahren. Zusammen mit der nötigen Geschwindigkeit sowie im Falle einer grenzüberschreitenden Überweisung – wobei es in anderen Ländern oft andere Systeme gibt, die zuerst kompatibel gemacht werden müssten – ergebe dies einen enormen Aufwand. Und nicht zuletzt müssten alle Überweisungen in Sekundenschnelle auch rechtlich überprüft werden.
Ernegger geht davon aus, dass bis Jahresende alle heimischen Banken fit für Echtzeitüberweisungen sind. Und ein anderer Experte gibt zu bedenken: „Mit der zunehmenden bargeldlosen Zahlung am Point of Sale bekommt auch die schnelle Übertragung von Konto zu Konto mehr Bedeutung.“
Keine Deadline
Da die Teilnahme an dem Instant-Payment-System freiwillig ist, gibt es auch keine Deadline für die Umsetzung seitens der Banken. Immerhin wird glaubwürdig in Abrede gestellt, dass sich die Institute mit der verspäteten Überweisung ein Körberlgeld machen wollen. „In Zeiten von Negativzinsen ist jedes Institut froh, wenn es Beträge so schnell wie möglich weiterleitet.“
Und immerhin: inzwischen ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass Überweisungen bis zum nächsten Bankgeschäftstag durchgeführt werden. Früher kam es durchaus vor, dass dies tagelang dauerte.