Wahlzuckerln gefährden Sanierung
Von Franz Jandrasits
Das Verteilen von Wahlzuckerln für die 2013 anstehenden Nationalratswahlen gefährdet, so Bernhard Felderer, Chef des heimischen Staatsschuldenausschusses, die Budgetkonsolidierung: "Wenn das Ziel Nulldefizit bis 2016 erreicht werden soll", warnte Felderer am Mittwoch bei der Präsentation der Verschuldungszahlen, "darf es keine Verringerung der Einnahmen und keine Erhöhung der Ausgaben per Wahlversprechen geben".
Skeptisch ist Felderer auch für den Plan, die Staatsschulden von derzeit 74 Prozent (2012) bis 2020 auf 60 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) zu drücken. Dafür müsse entweder das Wirtschaftswachstum deutlich höher sein als im Durchschnitt der vergangenen Jahre. Oder das jährliche Budgetdefizit dürfe nur 0,2 bis maximal 1,4 Prozent des BIP ausmachen.
Defizit-Rückgang
2011 hat sich Österreich bei der Budgetsanierung deutlich besser geschlagen als viele andere Euro-Staaten. Mit einem Rückgang des Budgetdefizits von 4,5 auf 2,6 Prozent liegt Österreich hinter Deutschland auf Platz fünf.
Die erfreuliche Entwicklung ist laut Felderer ein Mix aus guter Konjunktur und vorsichtiger Sparpolitik. Wegen des guten Wirtschaftswachstums von drei Prozent seien die Einnahmen um 6,5 Milliarden Euro höher ausgefallen als 2010, die Ausgaben dagegen stiegen nur um 1,5 Milliarden. Die Staatsschuld wuchs dennoch auch 2011 von gut 205 auf 217,4 Milliarden Euro, das sind 72,2 Prozent des BIP.
Heuer ist mit der Senkung des Defizits vorerst Schluss. Die Neuverschuldung wird auf drei Prozent des BIP ansteigen, schuld daran ist die Staatshilfe für die heimischen Banken im Volumen von 2,3 Milliarden Euro. Davon wird – so Felderer – zumindest ein Teil nie wieder zurückkommen. Auch die Staatsschulden steigen – vor allem wegen der Belastung durch die Euro-Schutzschirme EFSF und ESM – weiter auf 75,3 Prozent, ab 2014 soll die Quote sinken.
Erfreulich sieht Felderer die Entwicklung der Schulden der Bundesländer, im Durchschnitt sanken die Schulden pro Kopf von 383 auf 176 Euro, Tirol weist sogar einen Überschuss von 105 Euro je Einwohner aus (siehe Grafik). Für die Bonität Österreichs ist der Ökonom optimistisch, ein Verlust der Höchstnote AAA durch eine zweite Ratingagentur drohe derzeit nicht.
Deutliche Fortschritte ortet Felderer in den Euro-Krisenländern. So etwa hätten Italien, aber auch Spanien und Griechenland ihr Leistungsbilanzdefizit deutlich verringert. Italien habe das Defizit deutlich gesenkt, werde von den Finanzmärkten aber nicht ganz fair behandelt.
Kapitalhürden geschafft, teils mit Staatshilfen
Mehr Eigenkapital aufbauen, um krisenresistenter zu werden – das forderte die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA vergangenen Herbst von insgesamt 27 systemrelevanten Banken. In Österreich waren die Erste Group und die Raiffeisen Zentralbank betroffen. Sie mussten per Ende Juni ihre Kernkapitalquote auf neun Prozent erhöhen. Die österreichischen Institute konnten dieses Ziel sogar übererfüllen und liegen deutlich über neun Prozent. Die ursprünglich ebenfalls betroffene ÖVAG ist durch den Verkauf ihres Osteuropa-Geschäfts derart geschrumpft (und mittlerweile auch teilverstaatlicht), dass sie nicht mehr systemrelevant ist und die Vorgaben daher nicht erfüllen musste.
Insgesamt haben die 27 europäischen Großbanken ihre Kapitalpolster seit Ende des Vorjahres um 94,4 Milliarden Euro aufgefüllt, gab die EBA am Mittwoch bekannt. Sieben Banken brauchten dabei allerdings Staatshilfe von in Summe 9,5 Milliarden Euro, darunter die italienische Traditionsbank Monte dei Paschi und die portugiesische BCP. Die spanische Sparkassen-Holding Bankia, die Milliardenhilfen bekommen wird, wurde aus der EBA-Wertung genommen. Die Reparatur der Bankbilanzen muss weitergehen, fordert EBA-Chef Andrea Enria.
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