Wirtschaft

Tourismus-Rekordjagd geht weiter – auch ohne Russland, China, Israel

Sorgen muss man sich keine machen um den heimischen Tourismus. Die Aufholjagd nach der Corona-Pandemie war wirklich beachtlich, auch die aktuelle Wintersaison läuft hervorragend. Zwar gibt es das traditionelle Jännerloch, aber der Februar ist erneut sehr stark gebucht - auch weil Ferien in Deutschland und den Niederlanden mit den Semesterferien in Österreich zusammen fallen.

Kommende Woche werden zudem die Nächtigungszahlen für den Dezember veröffentlicht. Gelingt ein Wert wie im Dezember 2019 mit knapp mehr als 12 Millionen Übernachtungen, könnte sogar der bisherige Rekord aus dem Vor-Coronajahr mit insgesamt 152,7 Millionen Nächtigungen fallen.

Tourismus und Geopolitik

Doch schon jetzt gilt der Blick der Touristiker der kommenden Sommersaison. Wie jedes Jahr sind die Gäste aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden das Um und Auf. Hier wird alles von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung - Stichworte: Konjunktur, Inflation, Einkommen - abhängen, wie groß die Reiselust auch künftig bleiben wird. Für den Outgoing-Tourismus erwarten die großen Reiseveranstalter wie Tui ja einen neuerlichen Rekordsommer. Ob der auch im Inland gelingt? Zumindest ein kleines Fragezeichen dahinter scheint berechtigt.

Wie Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) am Freitag bei einer Pressekonferenz ausführte, sind derzeit nicht wenige Herkunftsmärkte unter Druck beziehungsweise fallen gänzlich aus. "Es fehlen Russland, China, Israel", sagt die Branchenkennerin. Eine echte Herausforderung für den Tourismus sei, dass wegen der zahlreichen geopolitischen und geokulturellen Veränderungen vieles nicht mehr vorhersehbar sei.

An das Fernbleiben zahlungskräftiger russischer Gäste haben sich die heimischen Touristiker ja schon fast gewöhnt. Aber auch die Gäste aus China sind durch die lange Lockdown-Politik Pekings und anschließende Reisebeschränkungen noch nicht wieder vollends zurück. Wie wohl Chinesen traditionell erst ab ca. Mai nach Österreich kommen, hier also noch Hoffnung auf eine Wiederbelebung des Marktes besteht. 

Wegen des abgewerteten Yens sind derzeit aber auch Europa-Reisen für Gäste aus Japan sehr teuer. Einen erheblichen Einbruch sieht man natürlich auch bei Reisen aus dem Nahen Osten wegen des Gaza-Krieges und der drohenden weiteren Eskalation in der Region.

Stagnation auf hohem Niveau

2024 könnte also ein Jahr der Stagnation auf hohem Niveau werden. Darauf deuten auch die Prognosen des Flughafen Wiens hin, der nach 29,5 Millionen Passagieren in 2023 heuer rund 30 Millionen erwartet.

Hoffungen auf neue Impulse ruhen derzeit auf Indien, ein Markt der enorm zulegt, wie auch Aussagen der Lufthansa zeigen. "Indien wächst schneller als alle unsere anderen Ziele. Wir nehmen unsere Kapazitäten aus anderen Märkten und setzen sie in Indien ein", sagt Lufthansa-Vertriebschef Heiko Reitz. 

Indien ist der fünftgrößte Markt der Welt für Passagierflüge. Die Lufthansa Group bietet derzeit 64 wöchentliche Flüge nach Indien an, vor der Pandemie waren es 56.

ÖVP-Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler sorgt sich derweil mehr und mehr um die Akzeptanz der alljährlichen Gästelawine in der heimischen Bevölkerung. Sie will ab heuer dazu jedes Jahr 10.000 Personen befragen lassen, um auch wirklich über regionale oder lokale Probleme wie im oft völlig überlaufenen Hallstatt Aussagen treffen zu können.  Der „Overtourism“ in der 730-Einwohner-Gemeinde im Salzkammergut, wo  an Spitzentagen in der Hochsaison bis zu 10.000 Gäste am Tag kommen, hat schon für so manche Negativ-Schlagzeile gesorgt.

Ausbalancierter Tourismus ist das Ziel

Zusätzlich zur großen Umfrage ist vom Tourismus-Staatssekretariat auch eine spezielle Förderung für belastete Regionen geplant. „Das Ziel ist in jedem Fall, einen möglichst ausbalancierten Tourismus in allen Regionen zu erreichen“, sagt Kraus-Winkler.

Während die Grünen den Ausbau der Tourismus-Akzeptanzforschung begrüßen, kommt Kritik von der Hoteliervereinigung. ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer lobt zwar das „ambitionierte Programm“, vermisst aber konkrete Maßnahmen und zählt auf, was der Tourismus seiner Meinung nach benötigt: „Die rasche Umsetzung des digitalen Meldewesens, die Abschaffung der Obergrenzen für Saisonniers, zeitgemäße Sachbezugsgrenzen für Mitarbeiterwohnungen, kürzere Abschreibungsdauern und Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals.“