Vida-Gewerkschafter Hebenstreit will "mehr Geld statt Burger"
Von Michael Bachner
Mit spezifischen Vorstellungen zu den Arbeitsbedingungen in den Niedriglohnbranchen Reinigung, Bewachung und Fahrradzustellung geht die Dienstleistungsgewerkschaft vida in die ab November beginnenden KV-Verhandlungen. Zusammen geht es um rund 73.000 Beschäftigte.
Der Anteil von Frauen mit Migrationshintergrund und schlecht bezahlten Teilzeitjobs ist vor allem im Reinigungsgewerbe besonders hoch. Viele Scheinselbstständige und kräftezehrende Arbeitsbedingungen gibt es bei den Fahrradkurieren. Schlecht bezahlt sind auch die Bewacher – obwohl zumindest bei ihnen schon ein monatlicher Mindestlohn von 2.000 brutto (ab 2024) gilt. Bei den beiden anderen Branchen ist die Erreichung von 2.000 brutto das vorrangige Ziel bei der anstehenden KV-Runde. In der Reinigung sind es derzeit 1.832,46 Euro. Die Fahrradboten haben erst ein KV-Mindestgehalt von 1.730 Euro brutto erreicht.
Zur Illustration, weshalb die Gewerkschaft angesichts einer Inflation von mehr als neun Prozent auf jeden Fall zweistellig abschließen will: 1.730 Euro brutto bedeuten netto 1.406,90 Euro im Monat. Das liegt nahe der Armutsgefährdungsschwelle, die für einen Ein-Personen-Haushalt mit 1.392 Euro im Monat definiert wird. Für Mehr-Personen-Haushalte erhöht sich der Betrag um rund 696 Euro pro Erwachsenen bzw. um 418 Euro pro Kind.
Vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit lässt es sich angesichts solcher Zahlen nicht nehmen, die Bundesregierung zu kritisieren. Schließlich habe diese aus seiner Sicht im Kampf gegen die Teuerung völlig versagt, nun müsste die Gewerkschaft den Ausgleich über eine reale Lohnerhöhung für die Beschäftigten schaffen.
Und wenn Kanzler Nehammer sage, wer mehr verdienen wolle, solle mehr arbeiten, dann sollte er doch einen Rechtsanspruch auf Vollzeitarbeit umsetzen – und schon wäre auch dieses Problem gelöst. Auch habe niemand nach Gewinnzurückhaltung gerufen, als es um steigende Profite und Preise ging. Jetzt könne es keine Lohnzurückhaltung in den Niedriglohnbranchen geben, so Hebenstreit, denn da gehe es um Existenzen. Einer seiner Slogans heißt deshalb auch: „Mehr Geld statt Burger“.