Varta rutscht in die roten Zahlen und baut Stellen ab
Der in der Krise steckende deutsche Batteriehersteller Varta des österreichischen Investors Michael Tojner hat das Jahr 2022 mit einem herben Verlust abgeschlossen. Unter dem Strich verzeichnete das in Schwierigkeiten geratene Unternehmen im vergangenen Jahr einen Verlust von rund 200 Mio. Euro. Das liege an einer Abschreibung auf das Sachanlagevermögen in der Sparte mit Lithium-Ionen-Knopfzellen, die Varta einst so viel Wachstum beschert hatte, teilte das Unternehmen mit.
2021 hatte das im SDAX notierte Unternehmen noch knapp 126 Mio. Euro Gewinn gemacht. Die Aktie gab am Mittwoch deutlich nach. Varta belasten unter anderem hohe Energie- und Rohstoffkosten. Der Konzern hat ein umfassendes Spar- und Umbauprogramm in die Wege geleitet. Zudem ringt das Unternehmen schon länger mit einer Nachfrageschwäche bei den Lithium-Ionen-Knopfzellen, die etwa in der lange Zeit boomenden kabellosen Kopfhörern verbaut werden und dadurch einst für einen großen Wachstumsschub sorgten. Hier gehören Samsung und Apple zu den Hauptkunden des Unternehmens. Wegen des Abschwungs der Weltwirtschaft und hoher Teuerung geriet Unterhaltungselektronik wegen der Kaufzurückhaltung von Verbrauchern unter Druck. Außerdem verschlang die eigene Elektroauto-Batteriezelle V4Drive reichlich Geld.
Aktie verliert an der Börse
An der Börse gehört das Papier seit einiger Zeit zu den großen Verlierern. Nach einem Höhenflug, der den Kurs Anfang 2021 bis auf 181,30 Euro getrieben hatte, folgte ein Absturz bis unter 22 Euro Ende 2022. Von diesem Rückschlag konnte sich das Papier bisher insgesamt kaum erholen. Kurz nach dem Handelsstart am Mittwoch verloren die Anteile des Batterieherstellers 4,7 Prozent auf 32,10 Euro.
Der Börsenwert rutschte damit unter eine Milliarde Euro, nachdem er im Höhenflug zwischenzeitlich bei fast 7 Mrd. Euro gelegen war. Immerhin liegt das Kursniveau noch 30 Prozent über dem Ausgabepreis von 17,50 Euro beim Börsengang 2017.
Umsatzrückgang
Ein Händler verwies auf die Sondereffekte, die das operative Ergebnis aufgehübscht hätten. Goldman-Sachs-Analyst Philipp Konig erwartet vom Management unter anderem noch Details zu den anvisierten Einsparungen sowie den Ausblick für das laufende Jahr.
Im Tagesgeschäft schnitt Varta etwas besser ab als zuletzt vom Unternehmen befürchtet. Bei dem um Sondereffekte bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen übertraf das Unternehmen die im November zusammengestrichene Jahresprognose und erzielte ein operatives Ergebnis von 69,5 Mio. Euro. Das ist ein deutlicher Einbruch im Vergleich zum Vorjahreswert von 283 Mio. Euro.
Wirtschaftsprüfer gewechselt
Zuletzt hatte das Unternehmen nur noch 55 bis 60 Mio. Euro in Aussicht gestellt. Das Übertreffen der Prognose hänge allerdings mit Einmaleffekten in der Größenordnung von rund 10 Mio. Euro zusammen, vor allem aus Währungsumrechnungen. Der Umsatz belief sich auf knapp 807 Mio. Euro - ebenfalls ein spürbarer Rückgang zum Vorjahreswert von 903 Mio. Euro. Mit dem Erlös erreichte der Konzern gerade so das untere Ende der Prognosespanne.
Varta legte die Zahlen zum Vorjahr erst relativ spät vor. Das wurde mit einem Wechsel der Wirtschaftsprüfer begründet. Viele Prozesse im Berichts- und Prüfungsprozess mussten den Angaben zufolge neu aufgesetzt werden. Die detaillierten Jahreszahlen will Varta am Freitag nach Börsenschluss vorlegen, eine Telefonkonferenz mit dem Management ist für Dienstag angesetzt.
Umstrukturierung
Varta hatte sich Ende März mit Banken und seinem Mehrheitseigner auf einen weitreichenden Umbau geeinigt. Dabei geht es um eine Anpassung von Produktions- und Strukturkosten sowie um Investitionen in Wachstumsfelder wie Energiewende und E-Mobilität. Dies sollen die zentralen Voraussetzungen für eine Stabilisierung und eine langfristig positive Entwicklung des Unternehmens sein. Auch die Kosten für Personal sollen sinken, hatte es damals geheißen.
Zur Vorlage der 2022er-Eckdaten teilte Varta mit, dass der Sparkurs den Abbau Hunderter Stellen bedeute. Konzernweit sollen 800 Vollzeitstellen gestrichen werden. In Deutschland sollen in den nächsten zwei Jahren rund 390 Stellen gestrichen werden, davon 240 in diesem Jahr. Kürzungen seien an allen Standorten in Deutschland über alle Bereiche hinweg vorgesehen. Betroffen sind die Standorte in Ellwangen, Nördlingen und Dischingen.
Weltweit beschäftigt Varta nach eigenen Angaben derzeit rund 4.700 Menschen. Die Geschäftsleitung habe Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern über das Restrukturierungskonzept aufgenommen. Das Unternehmen sei sich seiner Verantwortung bewusst, sagte Vorstandssprecher Markus Hackstein laut Mitteilung. "Dabei haben wir den klaren Anspruch, die Vorgaben des Restrukturierungsplans so zu gestalten, dass wir die Zukunft unseres Unternehmens absichern und gleichzeitig möglichst viele Arbeitsplätze erhalten können", sagte er.
Der kurzfristige Finanzierungsbedarf für das Umbaukonzept sei durch die Ende März abgeschlossene Kapitalerhöhung gedeckt. Mit dieser hatte Varta rund 51 Mio. Euro hereingeholt. Das Umbaukonzept war eine Voraussetzung dafür, dass die Gesellschaft von Tojner Geld nachschießt.