Wirtschaft

Väterkarenz in 8 von 10 Partnerschaften kein Thema

Obwohl es seit mehr als 30 Jahren die Möglichkeit zur Väterkarenz gibt, bleiben in Österreich nach der Geburt eines Kindes in der Regel die Mütter zu Hause. Lediglich zwei von zehn Väter unterbrechen ihr  Arbeitsleben, wenn auch meistens nur für wenige Monate. Dies geht aus dem aktuellen Wiedereinstiegsmonitoring der AK Wien hervor. Nur zwei Prozent der Väter  unterbrechen demnach die Erwerbstätigkeit für drei bis sechs Monate, lediglich ein Prozent für mehr als sechs Monate. 

Zehn Prozent der Väter wählt eine Karenzdauer, die nicht länger als drei Monate dauert. Weitere sechs Prozent beziehen zwar Kinderbetreuungsgeld, unterbrechen aber ihre Erwerbstätigkeit dafür gar nicht.

Für den von der L&R Sozialforschung erhobenen Monitor wurden die Erwerbs- und Einkommenssituation von Müttern und Vätern nach der Geburt eines Kindes analysiert. Basis der aktuellen Auswertung sind die anonymisierten Daten von 760.897 Personen (644.751 Frauen und 116.146 Männer). Das sind all jene, die von 2006 bis 2018 in Österreich Kinder bekommen haben (ausgenommen sind Selbstständige und Beamte). Der Beobachtungszeitraum ist jedoch deutlich länger und reicht bis Mitte 2020. Details zum L&R-Monitoring finden Sie hier

"Es ist ein Massenphänomen, dass sich die Mütter um die Kinder kümmern. In acht von zehn Partnerschaften geht der Vater nicht in Karenz", berichtete Ingrid Moritz, Abteilungsleiterin Frauen und Familie in der AK Wien in einer Pressekonferenz am Mittwoch.

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Weniger Kindergeldbezieher

Was ihr Sorgen macht:  Die Zahl der Väter mit  Kinderbetreuungsgeldbezug ist erstmals seit Jahren sogar rückläufig. Das könnte mit dem Familienzeitbonus (Papamonat) zusammenhängen, der vom Kinderbetreuungsgeld abgezogen wird. Ein Großteil der Väter, die den Papamonat in Anspruch nehmen, beziehen in der Folge kein Kinderbetreuungsgeld.

Die wichtigsten weiteren Erkenntnisse aus dem Monitoring: Gutverdienende Väter gehen seltener in kürzere Karenz. Je besser die Mutter verdient, desto länger gehen die Väter in Karenz und es gibt weiterhin Branchenunterschiede. Am meisten ist die Väterkarenz im Sozialwesen verbreitet, am wenigsten in der Baubranche und in der Finanz- und  Versicherungsbranche.

Die Größe des Unternehmens spielt keine Rolle, dafür aber die Region. „In Städten gehen Väter länger in Karenz als im ländlichen Raum, was offenbar mit der Kinderbetreuungssituation zusammenhängt“, so Moritz.

Kein Einkommensnachteil bei Männer

Männer verdienen nach einer Karenz langfristig sogar besser, Frauen dagegen schlechter. Konkret verdienten 54 Prozent der Frauen vor der Karenz 2.000 Euro und mehr (Monatseinkommen brutto, Kohorte 2007). Zwölf Jahre später sieht das Bild so aus: Nur mehr 47 Prozent verdienen mehr als 2.000 Euro. Dagegen verdienten 66 Prozent der Männer vor der Karenz 2.000 Euro und mehr. Ebenfalls zwölf Jahre späte waren es hingegen 74 Prozent.  Der Grund für die Unterschiede: Frauen bleiben länger in Karenz und sind in viel höherem Ausmaß Teilzeit beschäftigt. 

Betriebe in die Pflicht nehmen

AK-Wien-Direktor Christoph Klein will angesichts der Ergebnisse die Betriebe mehr in die Pflicht nehmen: „Es herrschen noch immer alte Stereotypen, da müssen sich Rollenbilder schneller ändern“. Auch soll die  Mindest-Karenzzeit für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld von derzeit zwei Monaten auf drei bis vier Monate erhöht werden. Der genaue Zeitraum sollte von der Wissenschaft evaluiert werden. „Zwischen zwei Monaten und einem Jahr gibt es einen  großen Spielraum."

Mehr Kindergärten

Letztlich fördere auch der Ausbau an Kinderbetreuungs-Einrichtungen die Väterkarenz, weil eine gewisse Planbarkeit vorhanden sei. „Wir brauchen hier vor allem mehr Plätze für die unter 3-Jährigen“, betont Klein. Was den Papamonat anbelangt, so müsse diese Regelung nachgebessert werden. „Wer den Papamonat in Anspruch nimmt, sollte später keinen Nachteil beim Kinderbetreuungsgeld haben“.

Mit Blick auf andere Länder wäre auch eine bessere Verteilung der Arbeitszeit zwischen Männern und Frauen in Richtung 30 Stunden für beide Geschlechter wünschenswert. Klein verweist auf das Modell der Familienarbeitszeit. Dabei teilen sich Vater und Mutter die Arbeitszeit zwischen 28 und 32 Wochenstunden und sollen dafür eine Förderung bekommen.

Generell fordert die AK  eine Reform des Kinderbetreuungsgeldes, das nach Ansicht von Moritz voller gesetzlicher Hürden und Probleme sei. Die Regierung nehme das Thema Väterkarenz nicht ernst genug.