Wirtschaft

US-Wahlen: Aktionäre sind auf der Gewinnerseite

In den vergangenen Jahren waren US-Aktien besonders gefragt, die Kurse sind entsprechend gestiegen. Dementsprechend ist der Blick vor den nahenden US-Wahlen auf das Land der unbegrenzten Möglichkeiten gerichtet. Dort ist mit Kamala Harris eine neue demokratische Akteurin in den Ring gestiegen, die im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Joe Biden ernst zu nehmende Chancen hat, das Rennen gegen Donald Trump für sich zu entscheiden.

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Harris gewinnt 

Eine Wahl von Harris würde laut Martin Gautsch, Asset Management-Leiter der Zürcher Kantonalbank Österreich, die US-Wirtschaft und die Aktienmärkte auf kurze Sicht weniger begünstigen. Die Demokraten wollen die Unternehmenssteuern von 21 auf 28 Prozent anheben

Mittelfristig dürften sich jedoch positive Effekte einstellen, denn Harris würde durch die Unterstützung kleiner und mittlerer Familien den Konsum, der zwei Drittel des US-Wirtschaftswachstums ausmacht, ankurbeln. „Vor allem konsumnahe Sektoren – darunter sowohl Basiskonsumgüter, also Produkte des täglichen Bedarfs, als auch zyklische Konsumgüter – würden profitieren“, so Gautsch.

„Mit der ersten Präsidentin der US-Geschichte dürften die Folgen für Wirtschaft und Kapitalmärkte zumindest gut kalkulierbar sein“, sagt Sandra Ebner, Senior Economist bei Union Investment. Denn in weiten Teilen dürfte Harris den wirtschaftspolitischen Kurs ihres Vorgängers weiterverfolgen. „Das bedeutet unter anderen, dass die umfangreichen Investitionsprogramme wie etwa der Inflation Reduction Act fortgesetzt werden.“ Außerdem wolle die Demokratin einen Fokus auf die Schaffung bezahlbaren Wohnraums legen. 

Das sollte Impulse für die US-Immobilienwirtschaft geben. Vorteile könnten laut Ebner z.B. Versorger und Industrietitel haben, die von fortgesetzten Infrastrukturinvestitionen profitieren würden. Zölle gegen China würde Harris nur in selektiven, strategisch wichtigen Bereichen einführen. Trumps Pläne hingegen würden eine harte Abkopplung von China bedeuten. Neue Zölle würden Preise erhöhen und Menschen mit niedrigen oder mittleren Einkommen belasten.

Trump gewinnt 

Auf den ersten Blick würde eine zweite Präsidentschaft von Trump die US-Wirtschaft stärken, meint Gautsch. „Er würde nach dem Motto „America first“ die Unternehmenssteuern auf 15 Prozent senken und versuchen, die Produktionsketten ins Land zurückzubringen und den Fokus international tätiger US-Unternehmen wieder auf das eigene Land zu richten.“ Das würde anfangs voraussichtlich US-Aktien weiter begünstigen. Kurzfristig könnten somit die Aktienkurse steigen.

Allerdings wäre eine Präsidentschaft Trumps unberechenbar und könnte zu geopolitischen Spannungen führen. „Dazu gehören mögliche Zerwürfnisse mit China und Europa durch Strafzölle oder eine mögliche Annäherung an Russland“, führt Gautsch an. 

Dies könne sich in einer erhöhten Volatilität an den Aktienmärkten widerspiegeln. Zudem wäre es Trumps letzte Amtszeit. Gautsch: „Er hat enge Vertraute um sich geschart und muss sich gar nicht erst bemühen, weniger radikal zu agieren, um unentschlossene Wähler anzusprechen.

Und Trump werde versuchen, die Grenzen dichtzumachen und illegale Einwanderer abzuschieben, sagt Ebner. Das hätte immense Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Kapitalmarktumfeld. Vor allem die Bau- und Landwirtschaft sowie der Dienstleistungssektor (z.B Gastronomie) dürften vor erhebliche Probleme gestellt werden.

Längerfristig droht somit laut Ebner ein böses Erwachen. Denn unter Trump erwarten wir schwindendes Wirtschaftswachstum bei höherer Inflation und eine generell höhere Unsicherheit.

Pattsituation

„Rein aus Sicht der Finanzmärkte ist es gar nicht so entscheidend, wer US-Staatsoberhaupt wird. Wichtig ist nur, dass die Wahl nicht lange angefochten wird“, sagt Gautsch. „Wenn Donald Trump – wie schon einmal erlebt – das Ergebnis nicht akzeptieren möchte, droht eine Lähmung des Landes. Dieses Szenario wäre für die Aktienmärkte kurzfristig schädlich.“

Kongress

Wie der Gewinner bzw. die Gewinnerin die Vorhaben umsetzen kann, hängt laut Ebner auch von den Mehrheitsverhältnissen im Kongress ab. Neben dem Präsidentschaftsamt stehen am 5. November auch 34 der 100 Senatssitze sowie alle 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus zur Wahl. Derzeit haben die Demokraten im Senat und die Republikaner im Repräsentantenhaus knappe Mehrheiten. „Auch hier sind Verschiebungen denkbar, die entweder die Durchsetzung der Regierungsvorhaben erleichtern oder erschweren können.“

Resumé

„Die positive Entwicklung der Wirtschaft wird dem nächsten Staatsoberhaupt jedenfalls in die Karten spielen“, resümiert Ebner. „Auch wenn das Wachstum zuletzt nicht berauschend war, so war es doch besser als gedacht. Die Wirtschaft wird wieder wachsen. Vielleicht geht es mit Trump noch ein wenig schneller, wenn die Unternehmenssteuern so niedrig bleiben. Der Konsum stand nie wirklich unter Druck. Wenn dann auch die Zinsen nach unten gehen, werden Bankkredite günstiger, was der gerne „auf Pump“ kaufenden US-Bevölkerung zugutekommt.“ „Längerfristig dürften die Märkte durch das stärkere Wirtschaftswachstum unter Harris profitieren.“