US-Sanktionsgesetze gegen Nord Stream 2
Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 hat seit ihrer Inbetriebnahme 400 Mrd. Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland transportiert. Die Kapazität des seit 2011 teilweise und seit 2012 vollständig genutzten Doppelstrangs sei schrittweise erhöht worden und habe 2018 seine volle Auslastung erreicht, teilte die Nord Stream AG mit Sitz im schweizerischen Zug am Montag mit.
2020 wurden demnach 59,2 Mrd. Kubikmeter Erdgas transportiert. 2016 lag der gesamte Gasverbrauch auf dem deutschen Gasmarkt laut deutschen Bundeswirtschaftsministerium bei rund 95 Mrd. Kubikmetern.
US-Sanktionen bei Nord Stream 2
Im US-Kongress sind sowohl die Demokraten von Präsident Joe Biden als auch die Republikaner seines Vorgängers Donald Trump seit langem dafür, die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline notfalls mit Sanktionen zu verhindern. In der Praxis haben sich die USA mit Strafmaßnahmen aber bisher weitgehend zurückgehalten. Theoretisch kann die US-Regierung auf Grundlage von gleich drei Sanktionsgesetzen Strafmaßnahmen gegen Firmen und Einzelpersonen aussprechen, die an Nord Stream 2 beteiligt sind, darunter auch der teilstaatliche österreichische Öl- und Gaskonzern OMV:
Im Dezember 2019 verabschiedete der US-Kongress das "Gesetz zum Schutz von Europas Energiesicherheit" (Peesa), das der damalige Präsident Trump kurz danach in Kraft setzte. Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, Sanktionen gegen die Betreiberfirmen der Spezialschiffe zu verhängen, die die Pipeline-Rohre auf dem Meeresgrund verlegen. Im Oktober vergangenen Jahres veröffentlichte das US-Außenministerium Richtlinien, wonach auf Basis von Peesa auch die Bereitstellung bestimmter Dienstleistungen und Einrichtungen für diese Verlegeschiffe bestraft werden kann.
Anfang diesen Jahres trat ein vom Kongress beschlossenes Gesetz in Kraft, das die Peesa-Sanktionsmöglichkeiten ausweitete. Nach diesem Gesetz (Peesca) können auch Unternehmen, die Schiffe für andere Aktivitäten im Zusammenhang mit Verlegearbeiten stellen, mit Strafen belegt werden. Dabei kann es sich etwa um das Ausheben von Gräben für die Pipeline handeln. Auch Firmen, die betroffene Schiffe versichern oder ihnen ihre Hafenanlagen zur Verfügung stellen, drohen Sanktionen. Das Gleiche gilt für Unternehmen, die Zertifizierungen für die Pipeline vornehmen, damit diese in Betrieb gehen kann.
Unabhängig vom Kongress dehnte die US-Regierung im Juli vergangenen Jahres das Caatsa-Sanktionsgesetz ("Countering America's Adversaries through Sanctions") auf Nord Stream 2 aus. Es ermöglicht dem US-Präsidenten, "in Koordinierung mit Verbündeten der Vereinigten Staaten" Sanktionen gegen Personen oder Unternehmen zu verhängen, die in russische Pipelines investieren oder zu deren Bau, Modernisierung oder Reparatur beitragen.
Der parallel verlaufende Doppelstrang der Pipeline Nord Stream 2 mit gleicher Kapazität ist zu rund 95 Prozent fertiggestellt. Die USA befürchten eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischem Gas und wollen das Projekt mit Sanktionen stoppen. Der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV ist als Investor beim Pipeline-Projekt mit an Bord. Befürworter der Pipeline halten den Amerikanern entgegen, sie seien nur auf bessere Absatzchancen für ihr Flüssiggas in Europa aus.
Die Nord Stream 2 AG gehört zur Gänze dem mehrheitlich staatlichen russischen Gaskonzern Gazprom. Ursprünglich waren an der Projektgesellschaft auch E.ON (heute Uniper), Wintershall, Royal Dutch Shell, Engie und die österreichische OMV beteiligt. Im Sommer 2016 zogen sich die fünf westlichen Energieunternehmen jedoch auf politischen Druck vor allem Polens aus dem Projekt zurück. Sie beteiligen sich aber an der Finanzierung der Baukosten mit jeweils 10 Prozent.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hält nichts von einem Stopp des Pipeline-Projekts. "Ich erwarte, dass Nord Stream 2 wie geplant bald in Betrieb genommen werden kann", bekräftigte der ÖVP-Chef die Unterstützung Österreichs für das Projekt, an dem auch der teilstaatliche Energiekonzern OMV beteiligt ist. Er halte auch "nichts davon, die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 mit dem russischen Verhalten in der Ukraine zu verknüpfen", so Nehammer. "Damit würde sich die Europäische Union nur selbst schaden." Nord Stream 2 sei "ein europäisches Projekt, das nicht als Druckmittel gegen Moskau benutzt werden sollte".