Umschaufeln für große Steuerreform
Von Christine Klafl
Von Platz 16 auf 21: Im jüngsten Ranking des Weltwirtschaftsforums über die Wettbewerbsfähigkeit von 144 Ländern ist Österreich kräftig abgerutscht (mehr dazu hier). Vor allem die hohe Steuerbelastung verpatzt die Attraktivität des Standortes. Ein neuerlicher Beweis dafür, wie dringend nötig eine Steuerreform her muss.
Nach der Krise wendete sich das Blatt aber. Seither wächst die deutsche Wirtschaft kräftiger als die heimische, heuer und nächstes Jahr voraussichtlich um einen ganzen Prozentpunkt. Hintergrund: Deutschland arbeitet mit weniger Steuerlast und damit produktiver.
Weniger Subventionen
Woher aber die acht Milliarden Euro oder auch mehr nehmen? Umschaufeln, privatisieren, reformieren – so Brezinscheks Credo. Ein Beispiel dafür: Was Subventionen betrifft, ist Österreich unumstrittener Europameister. Das Land leistet es sich, mehr als 6,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Subventionen auszugeben – für Spitäler, ÖBB, den Agrarbereich, Unternehmen, und so weiter. Fünf Prozent davon zu streichen brächte 1,5 Milliarden Euro.
Privatisieren
Mit Privatisierungen wären bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr zu erzielen, meint Brezinschek. Der Staat sollte sich bei OMV, Post und Telekom auf 25 Prozent plus eine Aktie zurückziehen. Das allein wäre ein Potenzial von 1,4 Milliarden. Dazu kämen Privatisierungen von Landes-Energieversorgern oder der Bundesforste.
Viel mehr müsse auch dafür getan werden, dass das Pensionsantrittsalter steigt. Dann müssten um 1,2 Milliarden Euro weniger pro Jahr aus dem Budget für Pensionen locker gemacht werden.
"Keine Steuern erhöhen, zuerst privatisieren", fordert Brezinschek. Wenn es denn schon sein müsse, könnte man eventuell an ein Anheben der Grundsteuer denken.
Von einer Reichensteuer hält der Ökonom gar nichts. Jene mit guten Einkommen würden ohnehin die Hauptlast der Steuern tragen. Brezinschek sieht aber sehr wohl Bereiche, wo Betuchtere einen Beitrag leisten können. So sieht er etwa nicht ein, warum Kindergarten oder Nachmittagsbetreuung für alle gratis sind – egal, wie hoch das Einkommen ist. Die Besteuerung von Transferleistungen (also etwa die Familienbeihilfe zum Einkommen dazurechnen) sei durchaus eine Möglichkeit, meint er.
Der pensionierte Salzburger AHS-Lehrer Franz Schneider „hasst Lügen“, wie er sagt. Und als solche sieht er die ÖGB-AK-Kampagne für eine Reichensteuer. 30.000 Euro hat er daher für ein halbseitiges Krone-Inserat hingeblättert mit dem Titel „Lohnsteuer – wie viel ist’s wirklich?“ Dort rechnet er vor, dass 2,5 Millionen Österreicher gar keine Lohnsteuer zahlen. Die „reichsten“ 10 Prozent hingegen berappen 52 Prozent der gesamten Lohn- und 32 Prozent der Umsatzsteuer.
Steckt wirklich keine Partei oder Lobby-Organisation hinter dem Inserat? „Nein“, beteuert Schneider, der unter der angegebenen Telefonnummer tatsächlich abhebt. Er sei „Einzelkämpfer“, 83 Jahre alt, alleinstehend ohne Kinder. Er habe nie ein Auto gekauft und wolle sein Geld jetzt nicht dem Staat schenken, sondern aufklären. Früher habe er Mathematik und Physik unterrichtet und seinen eigenen Bildungsweg als Lehrling begonnen. Seit seiner Pensionierung engagiert er sich in Bürgerinitiativen.
Am Mittwoch klingelte sein Telefon ziemlich oft. Ja, auch ein Gewerkschafter habe angerufen, sagt Schneider. Er will jetzt weitermachen. Denn die ÖGB-Kampagne fördere einen neuen Klassenkampf und das empöre ihn. Sollte doch eine Organisation hinter dem Inserat stehen, so hat sie ihren Proponenten zumindest ziemlich gut ausgesucht.