Wirtschaft

Überregionale Vermittlung: Touristiker unzufrieden mit AMS

Die Sommersaison ist bestens gebucht, aber Personal fehlt an allen Ecken und Enden. Laut Umfrage der Wirtschaftskammer (WKO) haben derzeit 75 Prozent der Tourismusbetriebe Probleme bei der Mitarbeitersuche. „Das Finden, Halten und Motivieren von Mitarbeitern ist ein zentrales Thema im Tourismus. Rund 40 Prozent sehen hier Handlungsbedarf“, sagt Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der WKO.

Handlungsbedarf ortet er auch beim AMS, das die überregionale Job-Vermittlung in die Tourismusregionen forcieren müsse. Mit der bisherigen Bilanz zeigt sich Pulker unzufrieden. So seien von 3000 für die überregionale Vermittlung ausgewählte Arbeitslose nur 2200 zu Bewerbungen gekommen, davon hätten 150 bis 180 tatsächlich einen Job aufgenommen.

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Auch in seinem Hotel-Restaurant-Betrieb (in der Wachau) habe von 16 arbeitslosen Köchen „keiner angebissen“. Susanne Kraus-Winkler, Obfrau der Sparte Hotellerie in der WKO fordert eine bessere Bewerber-Vorauswahl vom AMS, denn viele würden gar nicht im Tourismus arbeiten wollen. Pulker will die Mobilität auch durch strengere Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose steigern.

„Erfreulich“

AMS-Vorstand Johannes Kopf kann die Kritik nicht ganz nachvollziehen. Wenn von 3000 infrage kommenden Tourismus-Arbeitslosen 150 über die Landesgrenzen hinweg vermittelt werden können, sei das durchaus „erfreulich“. Erstens hänge es davon ab, wie viele offene Stellen gerade wo angeboten werden und zweitens gebe es derzeit etwa auch in Wien viele Gastro-Jobs. „Wir stellen fest: Wenn wir in Wien überregionale Vermittlung anbieten, führt das zu mehr Arbeitsaufnahmen in Wien.“

Arbeitslosen pauschal Unwilligkeit vorzuwerfen, nur weil sie ein Angebot ausschlagen, hält Kopf für den falschen Schluss. „Die Ablehnung heißt nur, dass sie genau diesen Job nicht wollen, etwa weil sie schon einen anderen in Aussicht haben oder die Branche wechseln wollen.“ Widersprüchlich seien die Forderungen nach einer besseren Vorauswahl von Willigen bei gleichzeitig mehr Druck. „Das Wollen kann keiner erzwingen“.

Video-Tipps für Betriebe

Um die Personalsuche zu optimieren, hat das AMS ein eigenes Beratungs-Video für Tourismusbetriebe gedreht. Die Tipps fußen auf Gesprächen mit 500 Betrieben, die problemlos Mitarbeiter finden. Für Unterkünfte und Kinderbetreuung zu sorgen kommt darin ebenso vor wie das Kontakthalten mit Saison-Personal. „Die Betriebe müssen bei der Personalsuche einfach mehr tun“, so Kopf.

Das sieht auch die WKO so: „Wir müssen an vielen Schrauben drehen. Mit dem gemeldeten Arbeitslosen werden wir das Personalproblem sicher nicht lösen“, sagt Kraus-Winkler. Auf der Suche nach Tourismuslehrlingen wird etwa vermehrt direkt in den Schulen angesetzt - mit Informationskampagnen in den dritten und vierten Klassen von Hauptschulen. Parallel dazu seien die Tourismus-Lehrberufe Koch und Restaurantfach "komplett überarbeitet" worden.

Rot-Weiß-Rot-Karte

Seit Reform der so genannten Mangelberufsliste können Touristiker auch Köche aus Drittstaaten rekrutieren. Diese Möglichkeit wird jedoch kaum genutzt. Für Kraus-Winkler stellt die Bürokratie und die lange Wartezeit eine Hürde dar, AMS-Chef Kopf verweist auf wenige Spitzenhotels, die sich um internationales Personal bemühen. "Ein kleines Ferienhotel am Land wird wohl kaum einen Inder dazu bewegen können für drei oder fünf Monate nach Österreich zu kommen."

266.000 Beschäftigte

Die Branche wächst. Insgesamt waren 2018 in der heimischen Hotellerie und Gastronomie 266.557 Mitarbeiter tätig - gut ein Fünftel davon (52.093) geringfügig. Das waren laut Beschäftigungsstatistik der Wirtschaftskammer um fast 22 Prozent mehr Beschäftigte in der Branche als 2010.