Wirtschaft

Momentum Institut: Hohe Einkommen profitieren von Entlastung stärker

Hohe Einkommen profitieren von den Antiteuerungsmaßnahmen stärker als niedrigere. Zu diesem Schluss kommt zumindest das gewerkschaftsnahe Momentum Institut nach Analyse der Maßnahmen wie Strompreisbremse, Valorisierung der Sozialleistungen und Abschaffung der kalten Progression auf ihre Verteilungswirkung hin. Dabei seien einkommensschwache Haushalte besonders von der Teuerung betroffen und benötigten dementsprechend mehr Hilfe, hieß es.

Laut Berechnungen von Momentum wird ein Haushalt im untersten Einkommensfünftel 2023 mit insgesamt 454 Euro pro Kopf unterstützt. Bei einem Haushalt im obersten Einkommensfünftel seien es hingegen 749 Euro. In absoluten Zahlen werden demnach Besserverdiener stärker entlastet, relativ zum Einkommen berechnet wiederum Geringverdiener.

Während einkommensschwache Haushalte besonders von der Teuerung betroffen seien, sei eine allgemeine Stärkung der Nachfrage auch ein Inflationstreiber. Geht es nach den Momentum-Experten, wäre es wichtiger, notwendige Hilfe für ärmere Haushalte mit höheren Einnahmen bei Vermögenden, Konzernen und Spitzenverdienern gegenzufinanzieren.

Kritik an Abschaffung der kalten Progression

Während die geplante Strompreisbremse alle Haushalte in etwa gleich stark entlaste, bringe die Abschaffung der kalten Progression den oberen Einkommen deutlich mehr. Momentum-Berechnungen zufolge spart sich ein Haushalt im untersten Einkommensfünftel dadurch etwa 80 Euro pro Kopf, ein Haushalt im reichsten Einkommensfünftel hingegen fast 440 Euro. Aus verteilungspolitischer Sicht sei die Abschaffung der kalten Progression "schlimmer als die berüchtigte Gießkanne", findet Momentum-Chefökonom Oliver Picek.

Was genau passiert nun bei der Abschaffung der kalten Progression? Die Tarifstufen steigen um den jährlichen Inflationswert. Wifo und IHS haben von Juli 2021 bis Juni 2022 eine Inflationsrate von 5,2 Prozent errechnet. Zwei Drittel dieses Wertes – also zwei Drittel der kalten Progression für alle Tarifstufen, außer der höchsten – fließen automatisch an die Steuerzahler zurück. Heißt: Alle Tarifstufen steigen um 3,47 Prozent. Über das verbleibende Drittel kann die Regierung bestimmen. Was gegen die Momentum-Argumentation spricht: Im kommenden Jahr wird es verwendet, um die untersten beiden Tarifgrenzen außertourlich um 6,3 Prozent anzuheben.

Waren Steuerzahler bisher ab einer Einkommensgrenze von 11.000 Euro steuerpflichtig, liegt diese Grenze im kommenden Jahr also bei 11.693 Euro. Am höchsten ist die "relative Entlastung" – also die anteilsmäßige Entlastung im Vergleich zum Einkommen – bei jenen Personen, die 2.000 Euro brutto im Monat verdienen.

In absoluten Zahlen profitieren wiederum mittlere und höhere Einkommen am stärksten. Auf das oberste Einkommensfünftel entfallen 2023 rund 30 Prozent des gesamten Entlastungsvolumens.

Alle Inhalte anzeigen

Picek fordert Gaspreisbremse

Für einkommensschwache Haushalte gleichen die drei Maßnahmen die Teuerung nicht aus, zudem verpuffen laut Picek die Einmalzahlungen im heurigen Jahr: "Umso wichtiger sind deshalb substanzielle Lohn- und Pensionserhöhungen, um die teuerungsbedingten Mehrkosten der Haushalte auffangen zu können." Viel abgewinnen kann der Ökonom auch einer Gaspreisbremse nach deutschem Vorbild. Die Bundesregierung verhandelt derzeit über eine Heizkostenbremse - zusätzlich zur Strompreisbremse.

Die Pensionserhöhung wurde vergangene Woche beschlossen. Grundsätzlich erhalten fast alle Pensionisten - außer solche, mit einer Luxuspension - kommendes Jahr den gesetzlichen Anpassungswert von 5,8 Prozent. Bezieher einer Ausgleichszulage, also Mindestpensionisten, kommen inklusive Einmalzahlungen auf ein Plus von 10,2 Prozent. Bis rund 2.400 Euro brutto werden Pensionen darüber hinaus sozial gestaffelt über Einmalzahlungen zusätzlich erhöht.

Finanzministerium argumentiert dagegen

Eine Auswertung des Finanzministeriums für das heurige Jahr unter Einbeziehung der ökosozialen Steuerreform inklusive Klimabonus sowie diverser Energiemaßnahmen zeige ein anderes Bild. Demzufolge profitieren besonders niedrige Einkommen von den Entlastungsmaßnahmen, wie das Finanzministerium festhält. Die Inflation werde bis zu einem Gehalt von 2.000 Euro brutto pro Monat mehr als abgegolten, und dieser Wert sinke mit höherem Einkommen. Wenn Familienleistungen und Pendlerunterstützungen dazugerechnet werden, werde die Inflation auch bei höheren Gehältern großteils abgedeckt, hieß es.

"Globale Entwicklungen können wir nie zu 100 Prozent ausgleichen", räumte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) ein. Die Regierung federe die Auswirkungen der Teuerung aber "so gut es geht" ab. Zudem wirkten die Hilfen "zielgerichtet bei jenen, die die Unterstützung am dringendsten brauchen", zeigte sich Brunner überzeugt