Telekom-Austria-Chef Hannes Ametsreiter geht
Bei der Telekom Austria (TA) geht die Ära Hannes Ametsreiter zu Ende. Der 48-Jährige tritt Ende Juli als Vorstandsvorsitzender ab. Er ist der längstdienende Chef des Unternehmens seit dem Börsegang im Jahr 2000. Insgesamt war er fast 20 Jahre bei der TA. „Nach so vielen Jahren fällt ein Abschied natürlich schwer“, wurde Ametsreiter in einer Aussendung zitiert. Die Trennung erfolge einvernehmlich, heißt es.
Der Top-Manager soll „ein besseres Angebot“ angenommen haben, wird kolportiert. Dazu will er sich noch nicht äußern. Aufgrund einer Konkurrenzklausel wird er nicht in der Branche bleiben.
Zugleich ist aber auch bekannt, dass Mehrheitseigentümer America Movil des Mexikaners Carlos Slim (er hält fast 60 Prozent der Anteile) mit dem bisherigen TA-Vorstand nicht zufrieden war. Schon im Vorjahr musste Finanzchef Hans Tschuden vorzeitig gehen. Investor Ronny Pecik, der für Slim im Aufsichtsrat sitzt, wollte den TA-Chef schon länger loswerden. Zentralbetriebsratsobmann Walter Hotz spricht von Druck, der seitens America Movil auf Ametsreiter ausgeübt worden sei. „Es wurde kein Druck ausgeübt“, versichert TA-Sprecher Peter Schiefer. Der Vertrag wäre noch bis 2016 mit Option auf Verlängerung um zwei Jahre gelaufen. Im Herbst wäre darüber entschieden worden. „Wenn er die Verlängerung gewollt hätte, hätte er sie bekommen“, meint ein Insider. Wie auch immer. Ungelegen kam Ametsreiter das Jobangebot sicher nicht.
Höhen und Tiefen
Seine Amtszeit war von Herausforderungen gekennzeichnet. Schon ein Jahr nach Antritt wurden dubiose Aufträge an Lobbyist Peter Hochegger bekannt. In diese Affäre war er ebenso wenig verwickelt wie in eine Kursmanipulation. 2010 fusionierte er die Festnetz- und Mobilfunkgesellschaften in Österreich. Im Inlandsgeschäft stagnierte das Wachstum bald, da der Markt gesättigt ist und der Wettbewerb hart.
Besser ging es in den sieben Ländern Osteuropas, wo die TA tätig ist, aber nicht überall. Zunächst gab es in Weißrussland, im Vorjahr dann in Bulgarien Probleme. Der Überschuss drehte im Vorjahr von plus 52 auf minus 185 Millionen Euro. Das erste Quartal 2015 lief wieder besser. Mit einer Kapitalerhöhung von fast einer Milliarde soll unter anderem die Expansion vorangetrieben werden.
Konfliktpotenzial
Der Aufsichtsrat wird sich in seiner nächsten Sitzung mit der Nachfolge befassen. Gibt es bis Ende Juli keinen neuen Chef, wird Ametsreiters Stellvertreter Alejandro Plater interimistisch die Aufgaben übernehmen. Konflikte könnten folgen. Denn vertraglich hat die Staatsholding ÖBIB das Vorschlagsrecht für den Vorsitzenden. Fällt die Entscheidung auf jemanden, der Slim nicht passt, wird es weitere Funkstörungen mit Mexiko geben. Unabhängig davon will der Aufsichtsrat dem neuen Vorstandschef mehr Befugnisse übertragen. „Die Führung gehört neu strukturiert. Die Macht liegt derzeit bei Plater“, heißt es aus dem Umfeld.
„Ich wünsche mir eine möglichst rasche Entscheidung“, sagt Betriebsrat Hotz und plädiert für die Reduzierung des Vorstands von drei auf zwei Personen.
Die TA-Aktie verlor am Montag 3,6 Prozent. Seit Ametsreiters Amtsantritt im April ’09 sind es minus 47 Prozent.
Egal wer an die Telekom-Spitze folgt: Das Unternehmen kann sich der laufenden Konsolidierung am europäischen Telekom-Markt nicht entziehen. Marktbeobachter sind sich einig, die Zeiten lokaler Platzhirsche sind zu Ende. Ähnlich wie in den USA dürften auch in Europa nur noch wenige Telekom-Riesen übrig bleiben. Der scheidende TA-Chef Ametsreiter sprach vor einem Jahr von einem regelrechten „Umbruch“, angetrieben durch die starke Finanzkraft von US-Konzernen. America Movil will hier als Global Player hier nicht unter die Räder kommen und nutzt die Telekom für seine (Ost)-Europa-Expansion.
Die EU unterstützt diese Entwicklung noch, indem sie die Regulierung schrittweise zurückfährt und die Schaffung „transnationaler Märkte“ zur Priorität erhoben hat. Kleine Telekom-Firmen können hohe Infrastrukturkosten nicht mehr tragen und müssen Allianzen suchen. Das geplante Roaming-Aus innerhalb der EU stärkt ebenfalls die Großen.
Seit dem Einstieg von Carlos Slim in der Telekom galt Hannes Ametsreiter als angezählt. Zu unterschiedlich waren die Vorstellungen des Vorstandschefs und der neuen Mehrheitseigentümer. Im Vorjahr waren dann auch noch die Zahlen schlecht. Zu behaupten, dass die Mexikaner Schuld am Abgang haben, ist daher zu kurz gegriffen. Auch bei österreichischen Investoren wäre in dieser Situation eine Trennung sehr wahrscheinlich gewesen.
Bevor man Geldgeber, vor allem aus dem Ausland, und Privatisierungen verteufelt, sei erinnert: Die Telekom brauchte für die teuren neuen Handyfrequenzen und die weitere Expansion im Südosten Geld. Bei der Kapitalerhöhung von einer Milliarde Euro zahlte Slim 600 Millionen Euro, die Staatsholding nur 290 Millionen. Wäre der Staat noch Alleineigentümer, hätte er mit seinem klammen Budget den gesamten Betrag stemmen müssen. Der nächste Streit in der Koalition und wohl eine Nicht-Entscheidung wären die Folge gewesen. Damit wäre die TA langfristig erst recht zum – dann billigen – Übernahmekandidaten geworden.