Die Angst der Europäer vor Google
Von Franz Jandrasits
Der Widerstand in den EU-Staaten gegen die Marktmacht und die Praktiken des amerikanischen Internet-Riesen Google wächst. Vor allem Deutschland und Frankreich fordern von den EU-Wettbewerbshütern, dass sie Google künftig stärker an die Kandare nehmen. So verlangten der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und sein französischer Amtskollege Arnaud Montebourg in einem gemeinsamen Brief an EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia, er müsse das seit 2010 laufende Kartellverfahren gegen Google ausweiten.
Abfuhr
Derzeit untersucht die EU-Kommission unter anderem den Vorwurf gegen Google, der Konzern missbrauche seine Marktmacht, um seine eigenen Dienste bei der Online-Suche zu bevorzugen. Oder er würde Inhalte von Fremdseiten in den eigenen Spezial-Suchdiensten unerlaubt verwenden. Die beiden Minister verlangen zudem, dass die von Google freiwillig gemachten Zugeständnisse in einem weiteren Markttest auf ihre Wirksamkeit untersucht werden. Hintergrund: Bisher von Google angebotenen Selbstbeschränkungen hatten sich nach Markttests – in deren Rahmen Mitbewerber befragt werden – als unwirksam herausgestellt.
Almunia ließ die Minister abblitzen: Er halte die Vorschläge von Google – teilte er Gabriel und Montebourg in einem Brief mit – für geeignet, die Probleme der Mitbewerber mit Google zu lösen. Ein weiterer Markttest würde außerdem keine neuen Erkenntnisse bringen. Eine Ausweitung des Verfahrens lehnt er strikt ab: Diese würde eine Lösung zulasten der Mitbewerber und vor allem Konsumenten verzögern. Allerdings schließt er weitere Wettbewerbsverfahren gegen Google nicht aus.
Steuerflucht
Künftige EU-Untersuchungen dürften freilich nicht auf Wettbewerbsverstöße beschränkt bleiben. Denn Google steht mit anderen Großkonzernen wie Apple, Amazon oder SAP auf der Liste der europäischen Finanzminister, aber auch in den USA, ganz oben. Durch die Ausnutzung von – noch – legalen Schlupflöchern verschieben die international agierenden Riesen ihre Gewinne rund um den Globus, um möglichst wenig Steuern zahlen zu müssen. Google etwa schaffte es über seine Europa-Zentrale in Irland, bei 12,5 Milliarden Euro Umsatz in Europa nur läppische 24 Millionen Euro Steuern zu berappen. Die Milliarden-Gewinne werden freilich auch nicht ins Headquarter in den USA transferiert, denn dort würden ebenfalls deutlich höhere Gewinnsteuern fällig.
Einkaufstour
Um diesen Steuern zu entgehen, will Google mit den gehorteten Gewinnen groß auf Einkaufstour außerhalb der USA gehen. In Summe will der Konzern – der 2013 knapp 60 Milliarden Dollar (44 Mrd. €) umsetzte – 20 bis 30 Milliarden Dollar ausgeben. Damit will der Konzern einerseits nicht nur die auch in den USA lauter werdende Kritik wegen der geringen Steuerleistung mildern. Google geht auch davon aus, dass es vor allem in den Entwicklungsländern Wachstum geben wird. Die Kriegskasse für weitere Expansionen ist prall gefüllt: Laut Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC verfügt Google über 60 Milliarden Dollar Finanzreserven, 35 Milliarden davon steuerschonend außerhalb der USA.