Wirtschaft

Haselsteiner: Abschied auf Raten

Ursprünglich wollte Hans Peter Haselsteiner den Strabag-Chefsessel Mitte 2015 räumen. Im Alter von 71 Jahren. Vor rund einem Jahr kündigte der 69-jährige Bau-Tycoon an, dass er Mitte 2014 als Vorstandsvorsitzender abtreten wolle. Und ließ vom Aufsichtsrat auch schon einen Nachfolger bestimmen: Seinen Stellvertreter Thomas Birtel (59), der von der deutschen Tochter Strabag Köln kommt und seit 2006 im Konzernvorstand sitzt.

Am Montag kündigte der Strabag-Gründer und -Großaktionär – Haselsteiners Familie hält 28,9 Prozent – dann seinen Abschied auf Raten an. Konkret: Als Strabag-Chef tritt er bereits auf der Hauptversammlung am 14. Juni 2013 ab. Allerdings bleibt er bis Ende 2015 Generalbevollmächtigter des Konzerns und soll diesen bei der strategischen Ausrichtung und bei der Internationalisierung beraten.

Warum HPH halb geht und halb doch bleibt, erklärt er im KURIER-Gespräch: „Ich habe einen Deal vorgeschlagen: Entweder ich bleibe bis 2014, wie ich es im Vorjahr angekündigt habe. Und dann gehe ich ganz. Oder ich gehe heuer aus der operativen Führung und bleibe dafür bis 2015. Der Aufsichtsrat hat sich für die zweite Variante entschieden.“ Hintergrund dafür sei – so Haselsteiner – sein Wunsch , aus dem Tagesgeschäft auszuscheiden: „Dort sollen neue Besen her. Anderes wie Strategie mache ich weiterhin.

Gewinnwarnung

Insider vermuten, dass Haselsteiner den Eindruck vermeiden will, dem Konzern in der Krise den rücken kehren zu wollen. Denn die Strabag leidet wie praktisch alle europäischen Baukonzerne derzeit am Sparkurs der öffentlichen Geldgeber. Ein Ende des Sparkurses ist vorerst nicht abzusehen, Investition in die Infrastruktur werden auch in naher Zukunft eher rar bleiben. Analysten erwarten daher, dass der Betriebsgewinn 2012 auf gut 180 Millionen Euro halbiert wurde. Die Zahlen werden heute, Dienstag, veröffentlicht.

Der Unternehmer

Haselsteiner startete den Aufbau des heutigen Bauriesen vor rund 40 Jahren in Kärnten. Der gebürtige Tiroler und Absolvent der Wiener WU heiratete die Tochter des Bauunternehmers Lerchbaumer , für den er als Steuerberater tätig war. Nach dem Tod seines Schwiegervaters übernahm Haselsteiner die Firmenleitung. Diese spätere Ilbau AG, die einige Jahre später mit dem Kärntner Konkurrenten Soravia fusioniert wurde, bildete die Keimzelle des heutigen Konzerns.

Mitte der 80er-Jahre baute Haselsteiner die um weitere Zukäufe gewachsene Firmengruppe um. Die Bauholding entstand, die Anfang der 1990er-Jahre mit rund 440 Millionen Euro zu den großen Bauunternehmen in Österreich gehörte. Heute spielt der Konzern in europäischen Oberliga.

Politik

Ende der 90er-Jahre zog es den umtriebigen Bauunternehmer, der inzwischen nach Osteuropa expandiert hatte, in die Politik. Er zog für das Liberale Forum (LIF) in den Nationalrat ein und wurde stellvertretender Klubobmann der LIF-Gründerin und damaligen Parteichefin Heide Schmidt. Seine operativen Funktionen der damals bereits börsenotierten Bau Holding legte Haselsteiner für seine politischen Ambitionen zurück.

Die Lust an der Politik hielt allerdings nicht lange an. Denn zeitgleich mit dem Einstieg in die Volksvertretung hatte Haselsteiner auch zum Großangriff auf den Markt geblasen. Er übernahm mit der Bau Holding die deutsche Baufirma Strabag Köln und die österreichische Era-Bau, die mehrheitlich der Raiffeisen-Gruppe gehörte. Beide Unternehmen waren wirtschaftlich angeschlagen, dafür allerdings billig zu haben. In der Folge zog sich Haselsteiner wieder völlig aus der Politik zurück, um sich um seinen schlagartig zum europäischen Mitspieler aufgestiegenen Baukonzern zu kümmern.

2007 gab es in der Strabag eine neuerliche Zäsur: Um vom russischen Bauboom zu profitieren, holten sich Haselsteiner und die Raiffeisengruppe den russischen Industriellen Oleg Deripaska an Bord. Dieser stieg mit einem 30 Prozent bei der Strabag ein, was dem Konzern knapp eine Milliarde an frischem Geld brachte. Im Zuge der Finanzkrise musste Deripaska allerdings 2008 seinen mit Krediten finanzierten Anteil an die anderen Strabag-Eigentümer verpfänden, heute hält er an der wieder börse-notierten Strabag noch 18,2 Prozent.