Spanische Hofreitschule verkauft Lipizzaner
Manche Menschen lieben Lipizzaner so sehr, dass sie aus weiter Ferne anreisen, um das „Ballett der weißen Hengste“ in der Spanischen Hofreitschule in Wien zu sehen. Andere lieben die Lipizzaner so sehr, dass sie sich gleich ein paar kaufen und eine Reitschule aufmachen. So geschehen zum Beispiel in Chile.
Dort hat die Spanische Hofreitschule eine Kooperation mit dem Pferdeliebhaber Oscar Coddou, der sich in der Nähe von Santiago mit der Escuela Clásica Lipizzana eine eigene Reitschule und eine Zucht leistet. Die Wiener unterstützen ihn nebst Pferden auch mit Reitlehrern, die immer wieder nach Chile fliegen, erzählt Erwin Klissenbauer, Geschäftsführer der Spanischen Hofreitschule.
In den USA gibt es The Temple Lipizzans, eine Dressur- und Zuchteinrichtung, die „die Schönheit synchroner Bewegungen“ trainiert und ihre Pferde ebenfalls aus Wien bezieht. Eine Reitschule nach klassischem Vorbild gibt es auch in Kyalami, Südafrika. In den Wirren des Zweiten Weltkriegs musste der ungarische Graf und Pferdezüchter Elemér Jankovic-Bésán fliehen, auf Umwegen gelangte er 1948 mit mehreren Pferden nach Südafrika. Noch heute geben Bereiter aus Wien dort Unterricht.
Große Auszeichnung
Doch nicht nur Reitschulen oder Züchter, auch Pferdeliebhaber zählen zu Klissenbauers Kunden. Ob Australien, China oder Deutschland – fast auf der ganzen Welt sind Lipizzaner aus seinen Ställen begehrt. In manchen Ländern habe es sogar den Versuch einer Kopie der Winterreitschule und der Vorführungen gegeben, doch hätten diese Plagiate nicht ansatzweise an das Original in Wien herangereicht. Dass er seine Lipizzaner als Exportschlager bezeichnen darf, ist spätestens seit dem Gewinn des Exportpreises 2017 für besondere Erfolge auf internationale Märkten in der Kategorie Tourismus und Freizeitforschung offiziell.
„Den Pferdeverkauf hat es seit Gründung der Republik immer schon gegeben“, sagt Klissenbauer. Davor auch, doch sind ihm hier keine genauen Daten bekannt. Die Zahl der verkauften Pferde ist stabil. Pro Jahr werden in der Spanischen Hofreitschule 45 bis 50 Fohlen geboren, wovon 16 bis 20 behalten und die anderen verkauft werden.
„Pferdekäufer sind Freizeit- und Hobbyreiter“, sagt Klissenbauer. Die Pferde würden wegen ihrer barocken Form zwar beeindruckend aussehen, seien für den Sport aber zu klein. Im Vergleich zu teuren Wettkampfpferderassen, deren Verkaufspreise in die Millionen gehen, sind Lipizzaner vergleichsweise günstig zu haben. Untrainierte Jungpferde gibt es ab 4.000 Euro, ausgewachsene trainierte Tiere kosten um die 10.000.
Starker Umsatzanstieg
Hochausgebildete Pferde, wie sie in der Wiener Hofreitschule zu sehen sind, kosten allerdings mehr als 100.000 Euro. „Solche verkaufen wir aber nur alle zehn Jahre“, sagt Klissenbauer. Diese werden dann meistens für die Zucht verwendet. Pro Jahr bringen die Pferdeverkäufe durchschnittlich 150.000 Euro ein. Früher hat es sogar Pferdeversteigerungen gegeben, doch ist das aufgrund der starken Nachfrage nicht mehr nötig.
Der Gesamtumsatz der Hofreitschule liegt bei elf bis zwölf Millionen Euro pro Jahr. Vor zehn Jahren waren es sieben bis acht Millionen. Die starke Steigerung komme einerseits durch den steigenden Besucherstrom – die Hofreitschule ist bei Touristen beliebt – und durch neue Produkte, erklärt Klissenbauer. Vor einigen Jahren habe man den Shop vom Kunsthistorischen Museum übernommen, außerdem habe man mit Führungen durch die Winterreitschule und die Stallungen begonnen.
Einzigartiges Erlebnis
Die Hofreitschule hat 160 Mitarbeiter und an den Standorten Wien, Heldenberg und Piber 470 bis 480 Pferde. Klissenbauer ist stolz, dass der Kulturbetrieb eine Eigendeckung von 90 Prozent hat, also nur ein kleiner Teil – eine Förderung für die Zucht in der Steiermark – vom Bund kommt. Zwei Jahre in seiner Amtszeit habe man sogar einen Gewinn geschrieben.
Auch das heurige Jahr läuft gut: „Das erste Quartal 2019 war das beste aller Zeiten, die Hofreitschule war zu 100 Prozent ausgelastet“, sagt Klissenbauer. Wien werde sehr gut beworben, auch deshalb seien die Häuser voll. Noch einen Grund gibt es, warum so viele Gäste in die Wiener Hofreitschule kommen, und nicht nach Südafrika oder Chile fahren: Da kaum hochausgebildete Pferde das Haus verlassen, gebe es das einzigartige Erlebnis nur in Wien, meint Klissenbauer.