Wirtschaft

Richter befangen? Chorherr-Prozess startete am Freitag mit Eklat

Der Prozess gegen den ehemaligen Grün-Politiker Christoph Chorherr sowie weitere neun Angeklagte ist am Freitag am Wiener Landesgericht fortgesetzt worden. So wie zuletzt Chorherr hat sich auch der Industrielle Michael Tojner heute nicht schuldig bekannt. Er beteuerte, dass Spenden, die er getätigt hat, nicht in Zusammenhang mit dem umstrittenen Heumarkt-Bauprojekt gestanden seien.

Zum Auftakt stand zunächst allerdings ein - schließlich zurückgewiesener - Ablehnungs-Antrag gegen den beisitzenden Richter am Programm. Die Anwälte hatten Zweifel an seiner Unbefangenheit geäußert. Ausgangspunkt der Debatte war ein Schöffe, der von seiner Funktion zurücktreten wollte - da der beisitzende Richter erläutert habe, dass man so lange verhandle, bis alle "verurteilt" seien, wie er berichtete.

Ein Antrag auf Ablehnung wurde aber vom Schöffensenat zurückgewiesen. Richter Michael Tolstiuk hielt eine "Missinterpretation" des Gesprächs für möglich. Eine Befangenheit des beisitzenden Richters liege nicht vor. Auch die Schöffen hätten das nicht so aufgefasst.

Dem früheren Rathaus-Mandatar Chorherr wird vorgeworfen, von namhaften Immobilienunternehmen Zahlungen für einen von ihm initiierten gemeinnützigen Verein gefordert bzw. angenommen haben. Dieser unterstützt Hilfsprojekte in Afrika. Die Spender sollen sich im Gegenzug Vorteile bei Widmungsverfahren versprochen haben.

Viel Prominenz

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Chorherr Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit, den Unternehmern Bestimmung zum Amtsmissbrauch und Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen vor. Zu den Mitangeklagten gehören unter anderem Tojner, der Investor Rene Benko und die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler.

Chorherr hat sich zu Beginn seiner Vernehmung zuletzt nicht schuldig bekannt. Auch die Verteidiger der anderen Angeklagten hatten in den Eröffnungsplädoyers die Unschuld ihrer Mandanten beteuert. Heute wurde die Befragung Chorherrs fortgesetzt.

In dieser ging es unter anderem einmal mehr um das Heumarkt-Projekt von Michael Tojners Wertinvest. Chorherr hatte dieses im Prozess bereits als "Sonderfall" bezeichnet. Denn: Es stimmte 2017 nicht die gesamte grüne Fraktion für die Widmung. Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) habe sich trotzdem entschieden, das Projekt in den Gemeinderat zu bringen, berichtete Chorherr. Denn es sei der Vorlage ein ordnungsgemäßes Widmungsverfahren vorausgegangen. Außerdem hätte das Ende der rot-grünen Koalition gedroht, wenn die Grünen sich generell entschieden hätten, das umstrittene Vorhaben nicht mitzutragen.

Heute ging es auch um Chorherrs Kontakte zu Tojner nach dem Beschluss bzw. um sein generelles Verhältnis zum Investor. Dieses sei "sachlich, professionell" gewesen, beteuerte der prominente Angeklagte. Tojner habe auch überlegt, sich im Rahmen eines Urlaubs das Schulprojekt in Südafrika anzusehen. "Für mich war das eine Bestätigung, dass er daran wirklich interessiert ist." Dies sei jedenfalls erst nach dem Beschluss im Gemeinderat geschehen.

Erst nach der Entscheidung

Die größte Spende Tojners sei auch erst einige Wochen nach der Entscheidung erfolgt, sagte Chorherr. Nach der Absegnung der Flächenwidmung ging es sehr wohl aber auch noch um den geplanten Turmbau. Chorherr stand etwa in E-Mail-Kontakt mit Tojner. Er habe von diesem Unterlagen benötigt, die dokumentieren würden, dass nicht nur Luxuswohnungen dort geplant sind. Denn das hätten die Grünen massiv kritisiert, erläuterte Chorherr.

"Ich hätte dringend das gebraucht", beteuerte der Ex-Politiker. Er habe ersucht, Belege für eine Nutzung vorzulegen, bei der es sich nicht um Luxuswohnungen handle. Denn bei den Grünen sei es nach der umstrittenen Abstimmung ziemlich zugegangen: "Natürlich war nachher der Teufel los." Es sei um das politische Überleben Vassilakous gegangen.

Tojner selbst schilderte in seiner Befragung zunächst seine Tätigkeit als Unternehmer. Sein beruflicher Schwerpunkt liege in der Leitung von Industrieunternehmen. "Ich bin kein klassischer Bauträger. Aber nachhaltige Architektur ist mir wichtig", beteuerte er. Und er habe immer wieder karitative Einrichtungen unterstützt - oft mit deutlich höheren Beträgen als die Ithuba-Schule Chorherrs.

Tojner erläuterte dem Senat das Heumarkt-Vorhaben und präsentierte dazu Fotos des Geländes auf der Leinwand im großen Schwurgerichtssaal. "Dieses Areal halte ich im derzeitigen Zustand für eine Schande für Wien", betonte er. Die Genehmigung zur Umgestaltung habe er nach fünf Jahren Verfahrensdauer erhalten. Die öffentliche Hand habe etwa die Absicherung des Eislaufvereins verlangt sowie die Errichtung anderer Objekte wie ein Veranstaltungszentrum oder einen Turnsaal.

"Ich habe mit sämtlichen politischen Parteien über das Projekt gesprochen." Es sei sein Ziel gewesen, seine Gesprächspartner inhaltlich vom Projekt zu überzeugen. "Das Projekt wurde ordnungsgemäß abgewickelt, ohne dass irgendjemand einen Vorteil erhalten hat", schwor Tojner: "Meine Fördertätigkeit für die Schule in Südafrika steht damit in keinem Zusammenhang."

2013 habe er im Dorotheum Bilder zugunsten des Schulprojekts erstanden. 2017 habe er zudem beim Geburtstagsfest für Erwin Soravia und seine Schwester gespendet, der um die Unterstützung für soziale Initiativen gebeten habe. Die insgesamt dritte Spende nach der Widmung sei erfolgt, weil eine "unsachliche mediale Kampagne" im Zusammenhang mit dem Chorherr-Verein gestartet worden sei, die die Schule gefährdet habe. Mit dem Heumarkt-Projekt habe diese Zahlung aber ebenfalls nichts zu tun gehabt, versicherte er.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft wollte vom Unternehmer wissen, ob er die Unterstützung nach dem Motto "Hilft es nicht, so schadet es nicht" geleistet habe. "Nein, habe ich mir nicht gedacht", antwortete Tojner. Er habe auch nicht gewusst, ob Chorherr von den ersten Spenden überhaupt erfahren habe.