Wirtschaft

Hypo treibt Staatsschulden auf über 80 Prozent des BIP

Europas Wirtschaft scheint die jahrelange Krise überwunden zu haben. Das ist die gute Nachricht aus der aktuellen Konjunkturprognose der EU-Kommission. Die schlechte: Das Wachstum nimmt nur langsam Fahrt auf. So bleiben Arbeitslosigkeit und Schuldenberge weiter bedrohlich hoch.

Größte Gefahr für den zaghaften Aufschwung sei die Krise in der Ukraine, sagte EU-Kommissar Siim Kallas (er vertritt Währungskommissar Olli Rehn, der im EU-Wahlkampf aktiv ist) bei der Präsentation der Frühjahrsprognose am Montag in Brüssel: "Wenn wir uns anschauen, welche Risiken es für die europäische Wirtschaft derzeit gibt, so sind es vor allem die Spannungen und Unsicherheit um uns herum, insbesondere in Bezug auf die Krise in der Ukraine." Vor allem EU-Staaten mit engen Beziehungen zu Russland, wie etwa Zypern, könnten darunter noch besonders leiden.

Schwaches Wachstum

Der prognostizierte Aufschwung ist vorerst eher zaghaft: Für 2014 rechnet die Brüsseler Behörde mit einem Wachstum von 1,6 Prozent in der gesamten EU; die Eurozone soll mit 1,2 Prozent deutlich darunter liegen. Zum Vergleich: 2013 gab es in der EU ein Wachstum von 0,1 Prozent, in der Eurozone einen Rückgang von 0,4 Prozent.

Für Österreich sagt die Kommission 2014 und 2015 ein Wachstum von 1,6 bzw. 1,8 Prozent voraus. Die Basis für den Aufschwung sehen die Brüsseler Experten in der steigenden Binnennachfrage, die der Wirtschaft mehr helfe als die Exporte.

All diese Prognosen beruhen darauf, dass die Länder die bereits vereinbarten Reformen umsetzen, wie Kommissar Kallas einmahnt: Die Vergangenheit habe allen gezeigt, "wie wichtig es ist, Strukturreformen frühzeitig anzugehen und diesen Kurs dann ungeachtet etwaiger Hindernisse unbeirrt zu halten. Wir dürfen deshalb in unseren Anstrengungen, Arbeitsplätze zu schaffen und Wachstum zu stärken, nicht nachlassen".

Hohe Arbeitslosigkeit

Die hohe Arbeitslosigkeit in Europa dürfte nur langsam sinken: Nachdem im Vorjahr mit 10,8 Prozent der Höhepunkt erreicht wurde, soll sie 2014 10,5 Prozent betragen. In Österreich soll die Arbeitslosenquote von 4,9 Prozent um Vorjahr heuer auf 4,8 Prozent sinken – das sind, wie gewohnt, die jeweils niedrigsten Werte in der Union.

Die erwartet schlechte Voraussage gibt es für Österreichs Staatsschulden: Die EU-Kommission bestätigt die Annahme der Hypo Taskforce, dass der Schuldenstand wegen der Hypo-Rettung heuer bei 80,3 Prozent des BIP liegen wird – und damit erstmals über der Grenze von 80 Prozent. Noch im Vorjahr lag die Staatsverschuldung bei "nur" 74,5 Prozent des BIP.

Im Wiener Finanzministerium geht man hingegen davon aus, dass die Schuldenquote auch weiterhin – wenn auch nur knapp – unter 80 Prozent bleibt. Der Grund für die Differenz: Die Experten in Wien rechnen mit einer höheren Wirtschaftsleistung als die Kommission.

"Runter von Schulden"

Das heimische Budgetdefizit sieht man in Brüssel heuer auf 2,8 Prozent steigen – allerdings gebe es hier wegen der Hypo-Abwicklung noch Risiken: Sollten nämlich Hypo-Vermögenswerte korrigiert werden, würde dies zu höheren Zahlungen des Staates an die Bank führen. Auch mögliche Unterstützungen für andere Banken würden "zusätzliche Risiken" darstellen, schreibt die Kommission.

Spindelegger sagte vor der Eurogruppen-Sitzung am Montag in Brüssel, er wolle eine "Trendwende" einleiten und "runterkommen von den Schulden". Ziel sei, dass es ab 2016 in Richtung ausgeglichenes Budget gehe.

Sorgen bereitet der EU-Kommission weiterhin Frankreich: Trotz eines harten Sparprogramms, das bis 2017 rund 50 Milliarden Euro bringen soll, werde es Paris auch 2015 nicht schaffen, das Defizit unter die Maastricht-Grenze von drei Prozent des BIP zu drücken. Frankreich wird für heuer ein Defizit von 3,9, für das nächste Jahr von 3,4 Prozent des BIP vorhergesagt.

Die Eurogruppe hat sich am Montag in Brüssel besorgt über den Haushaltsentwurf von Österreich gezeigt. Im Gegensatz zu den Budgetentwürfen von Deutschland und Luxemburg sei bei Österreich eine "Abweichung vom Anpassungspfad eingeplant. Das könnte das Risiko bergen, dass die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht mehr eingehalten werden können", so Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem.

Er begrüße aber die Zusage der österreichischen Regierung, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um dem Risiko zu begegnen. Die EU-Kommission werde prüfen, ob diese Reaktionen angemessen seien. "Wir haben die österreichische Regierung aufgefordert, schnell zu handeln". Die Euro-Arbeitsgruppe werde über das Ergebnis informiert, sagte Dijsselbloem.

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