Porr: Die Maulwürfe unter Stuttgart
Von Christine Klafl
Rund um das umstrittene Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21" gehen immer wieder die Wogen hoch. Erst in der Vorwoche haben Gegner eine Baustellenzufahrt blockiert und die Bauarbeiten zeitweise behindert. Aus dem Kopfbahnhof der Landeshauptstadt von Baden-Württemberg soll ein Durchgangsbahnhof werden, wie es am Wiener Südbahnhof (künftig Zentralbahnhof) der Fall ist. Doch das Wie ist die große Frage.
Keine Frage ist dagegen mehr, wer die nötigen Tunnel baut, die zum und vom Stuttgarter Bahnhof führen werden (9,5 bzw. sechs Kilometer lang): Ein Konsortium unter der Führung des heimischen Baukonzerns Porr hat die Aufträge dafür an Land gezogen. Vom Auftragsvolumen von mehr als 700 Millionen Euro "entfallen rund 350 Millionen auf die Porr", berichtet Porr-Chef Karl-Heinz Strauss nicht ohne Stolz. Ist der Auftrag doch der bisher Größte im Bereich Tunnelbau für den Konzern.
Wird es Proteste von Gegnern geben, wenn die Tunnel-Arbeiten jetzt im August beginnen? "Nein", meint Strauss. Denn egal, welche Bahnhof-Variante schließlich gebaut wird, "die Tunnel sind in jedem Fall nötig". Bis zu 80 Prozent der Wertschöpfung werden in der Zeit der Tunnel-Arbeiten auf Betriebe aus der Stuttgarter Region kommen, setzt Strauss nach. "Das geht bis hin zur Verpflegung." Die Tunnel-Projekte hätten auch alle behördlichen Genehmigungen.
Strauss, der im September des Vorjahres an die Porr-Spitze geholt wurde, gibt auch deutschen Politikern eine Mitschuld daran, dass Stuttgart 21 ein derartiger Zankapfel geworden ist. "Da wurde von der Politik nicht alles richtig gemacht. Da wurde schlecht kommuniziert." Das Projekt Zentralbahnhof Wien (auch unter der Federführung der Porr) sei viel besser kommuniziert worden.
Millionen-Orders
Allein in Deutschland hat die Porr seit 2004 Aufträge im Wert von 700 Millionen Euro im Tunnelbau erhalten. Aus dem großen Nachbarland kommen aber auch andere Orders: Erst vor Kurzem hat die Porr den Auftrag erhalten, Fahrbahn, Lärm- und Windschutzwände für ein Teilstück der Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecke Erfurt-Halle zu bauen. Auftragsvolumen: 200 Mio. Euro.
In Deutschland kann die Porr also Zuwächse verzeichnen, ebenso in Österreich, der Schweiz und Polen. Rückgänge gibt es dagegen in Ungarn und Tschechien. Dafür entwickelt sich das Geschäft "mit Katar vielversprechend", so Strauss. Und aus St. Petersburg erwartet er heuer noch ein oder zwei Aufträge (im Bereich Tunnel- und Brückenbau). "Die Porr wird weiter wachsen", ist Strauss optimistisch, der sich auf Akquisitionen etwa im Bereich Eisenbahnbau vorbereitet.
Heuer, auch unter dem Diktat knapper Staatskassen, werde es allerdings kein Wachstum geben. "2011 ist das Jahr der Reorganisation." So erhielt der Konzern erst kürzlich grünes Licht der EU-Kommission für die Übernahme jener gut 47 Prozent, die die Wiener Stadtwerke an der Teerag-Asdag hielten. Zur Reorganisation gehört aber auch, dass die Porr Mitarbeiter im Verwaltungsbereich abbaut. In den Bau-Fachbereichen werden dagegen "sehr gute Mitarbeiter gesucht".
Das Ergebnis werde heuer stabil bleiben, hat sich Strauss vorgenommen. Im Vorjahr war der operative Gewinn krisenbedingt von 64 auf 49,1 Millionen Euro zurückgegangen. Das Konzernergebnis war von 31 auf 16,7 Millionen Euro gefallen. Der Hintergrund: Wirtschaftskrisen, wie jene des Jahres 2009, erwischen die Baubranche immer zeitversetzt.