Wirtschaft

Persönliche Dienstleistungen retten die Gründerbilanz

Trotz Hochkonjunktur, anhaltenden Start-up-Hypes und Gewerbe-Liberalisierung kommt Österreich bei der Zahl an Unternehmensgründungen nicht recht vom Fleck. Insgesamt stieg laut Wirtschaftskammer-Statistik die Anzahl an Neugründungen im Vorjahr nur um 1,2 Prozent bzw. 350 Firmen. 77 Prozent aller Gründer waren nur eine Person.

Grund für das kleine Plus ist vor allem die zunehmende Selbstständigkeit bei den Frauen. Der Frauenanteil an den Gründungen kletterte mit 45,3 Prozent auf ein neues Allzeithoch. Mit den selbstständigen Personenbetreuerinnen vornehmlich aus der Slowakei und Rumänien, die die WKO erstmals nicht mehr mitzählte, liegt er bei rund 50 Prozent. Was auffällt: Frauen gründen überwiegend in den klassischerweise Frauen zugeordneten Branchen. Ein paar Beispiele:

- Persönliche Dienstleister In dieser relativ jungen, von Frauen dominierten Wachstumssparte gab es einen Rekord von 2136 Gründungen, das sind immerhin 7,1 Prozent aller neuen Firmen. Besonders die Humanenergetiker (Kinesiologie, Klangschalentherapie etc.) erfreuen sich regen Zulaufs. Die Zahl der gelösten Gewerbescheine ist hier binnen weniger Jahre auf mehr als 25.000 angewachsen, wobei viele die Tätigkeit zusätzlich zu einem anderen Gewerbe ausüben. In der relativ heterogenen Gruppe finden sich auch Astrologinnen sowie Farb- und Stilberaterinnen, zu denen etwa auch der Kleiderkasten-Check gehört.

- Direktvertrieb Viele Frauen nutzen den Direktvertrieb wie z.B. Thermomix oder Tupperware als Nebenbeschäftigung. Mit 2089 (+200) neuen Gewerbescheinen gab die Branche im Vorjahr wieder ein kräftiges Lebenszeichen. Persönliche Verkaufsgespräche gelten als Gegentrend zum anonymen Online-Handel.

- Influencer-Marketing Mit 1926 neuen Mitgliedern im Aufschwung ist die Werbebranche – auch wegen der neuen Form der Beeinflusser-Werbung in sozialen Netzwerken (Influencer-Marketing), wo im Vorjahr viele Gewerbescheine gelöst wurden.

- Kosmetik/Fußpflege 1109 Neugründungen fanden allein in der Fachgruppe Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure statt. Die Sparte überholte damit erstmals sogar die Gastronomie, wo die Gründerzahl zurückging. Das nunmehr freie Gewerbe des „Modellieren von Fingernägeln“, zuvor Teil des Kosmetik-Gewerbes, ließ hier die Zahl der Gewerbescheine in die Höhe schnellen. Sehr zum Ärger etablierter Betriebe, die sich mit einem Gütesiegel vor Billig-Konkurrenz schützen wollen.

Schon seit vielen Jahren entfallen die meisten Gründungen (mit gut 2500) auf die Großsparte Unternehmensberatung-IT, wobei hier nur ein Bruchteil Start-ups im Technologieumfeld sind. Die WKO schätzt ihre Zahl auf 500 bis maximal 1000. WKO-Boss Harald Mahrer betonte, dass zwei von drei Gründern nach fünf Jahren noch am Markt sind. Als Forderungen an die Regierung zur Ankurbelung von Gründungen nannte er erneut die Erleichterung von privaten Beteiligungen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro sowie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer. Die Forderungen seien „nahezu aufkommensneutral“.

Alle Inhalte anzeigen