ÖVP-Mandatar: Für CO2-arme Produktion soll Mehrwertsteuer halbiert werden
Die europäische Industrie soll in den nächsten Jahren eine Renaissance erleben – das fordern viele europäische Spitzenpolitiker. Doch wie verträgt sich das mit den Klimazielen, die sich die EU gesetzt hat und deren Neufassung die Kommission unlängst vorgelegt hat? "Wir wollen erreichen, dass es neben den drei Klima-Zielen (Reduzierung der CO2-Emmissionen, Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien, Steigerung der Energieffizienz, Anm.) ein viertes Ziel gibt: Die Steigerung der Industrie-Quote auf 20 Prozent des BIP", sagt ÖVP-EU-Mandatar Paul Rübig zum KURIER. "Wir haben in der Krise gesehen, dass Österreich und Deutschland mit einer Quote von über 20 Prozent deutlich besser dastehen als etwa Griechenland mit elf oder Frankreich mit zwölf Prozent, die eine deutlich höhere Arbeitslosigkeit haben."
Ergo müsse das Umfeld in Europa Industrie-freundlicher werden, fordert Rudolf Zrost, Präsident der Industriellenvereinigung Salzburg und Vertreter des Fachverbandes Steine und Keramik: "Derzeit zahlen wir in der EU drei Mal so viel für Strom und vier Mal so viel für Gas wie in den USA." Das Ergebnis: "Die Absetzbewegung aus Europa hat bereits begonnen. Es dauert Jahre, bis Sie diesen Prozess wieder umkehren können." Große Unternehmen würden vor allem in den USA und in Kanada investieren, "weil die es verstanden haben, die Industrie anzuziehen", sagt Zrost. Hier müsse Europa nachziehen: "Wir haben natürlich den Anspruch, unseren Kindern eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen – aber ohne Job ist es auch nicht lebenswert."
Steuerung durch Steuer
Die neuen EU-Klimaziele, die die Kommission vorgeschlagen hat, hält er für "viel zu hoch angesetzt. So stark zu reduzieren ist in manchen Bereichen technisch nicht möglich." Auf globale Klima-Ziele zu setzen, sei "so unrealistisch, dass es nicht ärger geht", sagt Zrost: "Haken Sie das ab. Das versuchen wir seit 1990, es hat nicht funktioniert."
Was kann Europa also tun? Rübig: "Ideal wäre, wenn man für Produkte, egal ob sie aus der EU kommen oder nicht, wenn sie unter geringem CO2-Ausstoß produziert werden, die Mehrwertsteuer halbiert. Das wäre ein simples Anreizsystem, von dem die Industrie und die Kunden etwas haben."
Anreize fordert Rübig auch für erneuerbare Energien und thermische Sanierung: "Ein Freibetrag von 10.000 bis 20.000 Euro pro Haushalt und Jahr würde in Europa mit einem Schlag Millionen neuer Arbeitsplätze schaffen."
Der zweitgrößte deutsche Energieversorger RWE erlitt im Vorjahr erstmals seit 60 Jahren einen Verlust. Und dieser fiel mit 2,8 Milliarden Euro (nach 1,3 Milliarden Gewinn 2012) beträchtlich aus. Die Dividende soll nun auf einen Euro je Aktie halbiert werden und ein strenger Sparkurs gefahren werden.
Hauptgrund für den Rekordverlust waren Abschreibungen in Höhe von 4,8 Milliarden Euro vor allem auf konventionelle Kraftwerke. Wegen der hohen Förderung von alternativen Energieformen (wie Wind) können Kohle- und Gaskraftwerke oftmals nur mit Verlusten betrieben werden. Wie bei Konkurrent E.ON werden als Konsequenz Anlagen ganz oder teilweise stillgelegt. Vorstandschef Peter Terium fordert nun Unterstützung seitens der Politik. Die Aktie stieg um 0,4 Prozent. Sie war bereits in der Vorwoche stark gefallen.