Wirtschaft

Österreicher setzt beim Veranlagen auf Roboter

Das bisherige Börsenjahr verlief eher durchwachsen. Dennoch kein Grund für Florian Prucker unruhig zu werden. Die bei ihm angelegten Gelder haben sich in den vergangenen sechs Monaten (bis Ende Februar, Anm.) durchaus vermehrt. „Das Ziel ist, in 19 von 20 Jahren eine positive Wertentwicklung zu erreichen“, sagt der Geschäftsführer von Scalable Capital.

Gemeinsam mit Erik Podzuweit gründete er nach Jahren als Investmentbanker bei Goldman Sachs in London Ende 2014 das in München beheimatete Start-up. Das Besondere: nicht Menschen, sondern ein Computerprogramm trifft die Investmententscheidungen. Innerhalb der vergangenen drei Jahre ist es dem 35-jährigen Prucker und seinem Freund gelungen, in Europa zur Nummer zwei der so genannten Robo Advicer aufzusteigen.

Billiger

„Experten programmieren die Investmentmodelle, innerhalb deren Regeln die Software automatisch Entscheidungen trifft“, erklärt Prucker. Sein Team greife nur bei technischen Problemen ein bzw. entwickle die Modelle aufgrund von Risikoanalysen laufend weiter. Der Vorteil für die Kunden: Die Veranlagung wird billiger als bei Banken. Die jährliche Gebühr beträgt 0,75 Prozent, weitere Kosten fallen laut Prucker nicht an.

Damit sei man deutlich günstiger als aktiv verwaltete Fonds, die über Banken verkauft werden. „Die klassische Beratung ist zu einem reinen Produktverkauf geworden“, übt der gebürtige Innsbrucker im KURIER-Gespräch Kritik an den Finanzinstituten. Alternativ dazu könnten Anleger ihr Vermögen direkt in Wertpapiere investieren – mit all dem damit verbundenen erhöhten Risiko.

Altersvorsorge

Bleiben eben noch Robo Advicer. Wobei Prucker relativiert: Nicht die Banken seien die große Konkurrenz, sondern das Nichtstun, die vorherrschend größte Anlageklasse. „Es ist die sicherste Art, sein Geld nominell zu behalten, aber real zu verlieren. Ein großer Fehler.“

Den Menschen müsste die Angst vor Wertpapieren genommen werden. „Langfristig betrachtet sind Rücksetzer auf dem Aktienmarkt kein Problem“, sagt Prucker. Vor allem eine breite Streuung sei wichtig, wodurch das Risiko geringer werde.

Scalable Capital ist in rund 8000 Titel investiert, von Aktien über Unternehmens- und Staatsanleihen bis hin zu Rohstoffen und Immobilien. Das Besondere: das Geld fließt ausschließlich in ETFs (Exchange Traded Funds). Diese Fonds bilden einen Börsenindex einfach nach – mit allen Auf- und Abbewegungen – und sind daher günstiger als aktiv gemanagte Fonds. Prucker lässt sich dabei aber nicht auf Spielereien ein: ein Whisky- oder Kryptowährungen- ETF kämen nicht in Frage.

Risiko

Generell können seine Kunden zwischen 23 Risikoklassen wählen. „Wir helfen den Kunden bei der Entscheidung, je nach seinem maximal tragbaren Risiko.“ Ein Wechsel der Risikostufe sei jederzeit möglich, ebenso ein völliger Ausstieg auf Basis des Tageskurses. Die beliebteste Risikokategorie sei jene mit 70 Prozent Aktienanteil, im Durchschnitt würden rund 35.000 Euro veranlagt (Minimum sind 10.000 Euro).

Zu Jahresende hatte Scalable Capital bei 20.000 Kunden (Deutschland, Österreich, Großbritannien und seit Jänner in der Schweiz) 600 Millionen Euro eingesammelt, heuer will Prucker die Milliarde knacken und damit schwarze Zahlen schreiben. Der schnelle Aufstieg gelang im Vorjahr dank Partnerschaften in Deutschland mit Siemens für die private Altersvorsorge der Mitarbeiter und deren Familien sowie für die Vermögensverwaltung der ING DiBa. Allein zweiteres habe 330 Millionen Euro gebracht.

Das große Wachstum zieht auch bekannte Investoren an. So haben die Risikokapitalgesellschaften des Holtzbrinck Verlags sowie der Handelsgruppe Tengelmann und zuletzt der US-Finanzriese Blackrock bereits 41 Mio. Euro für die Expansion zur Verfügung gestellt.

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